Wie lässt sich der Hunger im Jahr 2050 von dann vermutlich zehn Milliarden Menschen stillen? Dieser Frage geht Urs Niggli, jahrzehntelanger Leiter des renommierten Forschungsinstituts für biologischen Landbau (Fibl), in seinem Buch nach. Man könnte vermuten, der Bio-Papst predigt – mit der Heilsbotschaft: „Bio für alle! Amen.“
Aber so ist es nicht. In seinem Vorwort schreibt Niggli: „Es geht mir darum (…), keines der oft bequemen Klischees zu bedienen.“ Und das gelingt ihm. Schonungslos rechnet er zwar vor, wie verheerend die Umwelt- und Klimabilanz der konventionellen Landwirtschaft ist. Doch er konfrontiert auch die Öko-Landwirtschaft mit ihren ungelösten Problemen und blinden Flecken.
Und der Schweizer Agrarwissenschaftler skizziert, wie der zentrale Zielkonflikt in unserer Nahrungsmittelproduktion, zwischen Ökologie und Wirtschaftlichkeit, zwischen langfristiger und kurzfristiger Produktivität, sich entschärfen lassen könnte: mit Biolandbau plus Innovation plus fleischarme Ernährung plus neuartige Nahrungsmittel wie Algen und Insekten, dazu möglichst keine Lebensmittelverschwendung und das Einstellen nicht umweltfreundlicher, oft sogar umweltschädlicher Agrarsubventionen, wie sie in der EU häufig sind. Eine anregende, zukunftsweisende Lektüre, die traditionelle Denkgrenzen zwischen industrieller und Bio-Landwirtschaft sprengt. Markus Wanzeck
Urs Niggli
ALLE SATT?
Residenz, 160 S., € 19,–
ISBN 978–3–701–73419–1