Etwas hinterhältig konfrontiert das Autorenpaar seine Leserschaft schon früh mit der Frage: „Fühlen Sie sich geliebt?“ Christian und Kerstin Lüdke leiten damit ihre These ein, wonach ein Mensch, der sich geliebt fühlt, nicht böse handeln könne. Das habe sich aus ihrer jahrzehntelangen Berufserfahrung herauskristallisiert: Sie ist Soziologin und Kriminaldirektorin an der Deutschen Polizeihochschule, er ein gefragter ctherapeut mit zahlreichen Einsätzen nach Gewalttaten.
In einer Mischung aus nüchterner Sachlichkeit, spannend erzählten Fallbeispielen und zuweilen fast flapsig geschilderten Episoden über das Böse in unser aller Umgebung blättern die beiden ein breitgefächertes Fragenspektrum auf: Wie kommt das Böse in die Welt? Wie erkennt man das Böse? Wie geht man damit um? Und wie kann man sich – und andere – davor schützen?
Den Autoren gelingt es, auch den medizinisch-psychiatrischen Teil für den Laien verständlich darzustellen: Sie schildern schizoide Persönlichkeiten und paranoide Störungen aus dem Alltag heraus. Aber Vorsicht: Die beiden richten den Blick nicht nur nach außen, frei nach dem Philosophen Jean-Paul Sartre: „Die Hölle, das sind die anderen.“ Sie fordern den Leser auch dazu auf, sich selbst die Frage zu stellen: „Bin ich böse?“ Sollte die Antwort nicht wie erhofft ausfallen: Ein umfassender Teil mit Adressen und anderen Angeboten hilft, damit umzugehen. Jürgen Nakott
Christian Lüdke, Kerstin Lüdke
PROFILE DES BÖSEN
Springer, 273 S., € 22,99
ISBN 978–3–658–28435–0