Im Anfang war der Widerspruch – und zwar gleich zu Beginn des Alten Testaments in den beiden Teilen der Schöpfungsgeschichte. Im ersten Teil gestaltet Gott die Erde in sechs Tagen. Er trennt Himmel und Erde, erschafft die Vegetation, die Tiere und als Letztes Mann und Frau. Im zweiten Teil existiert die Welt bereits, aber es gibt keine Pflanzen. Gott bläst in eine Handvoll Staub, aus der der Mann entsteht. Dann bringt Gott einen Garten, Tiere und irgendwann später die erste Frau in die Welt.
Das ist nur ein Beispiel von vielen für Widersprüche in der Bibel. Schon jüdische und frühchristliche Gelehrte suchten nach Erklärungen dafür. Der britische Althistoriker Robin Lane Fox – ein bekennender Atheist – untersucht in seinem Buch solche miteinander unvereinbaren Berichte mit den Methoden seines Fachs. Die Bibel enthält Schriften aus unterschiedlichen Zeiten, von unterschiedlichen Autoren mit unterschiedlichen Intentionen. Lane Fox forscht nach der inneren Logik in den Bibelgeschichten und nach Übereinstimmungen mit historischen Fakten. Sein Fazit: Die Worte der Bibel sind nicht unfehlbar, sondern zweckgerichtet.
Das Buch von Robin Lane Fox erschien erstmals 1991. Die neue Ausgabe hat er aktualisiert und die Änderungen übersichtlich in einem Nachwort erläutert, in dem er auch die seither erschienene Literatur vorstellt. Wer einen umfassenden, gut verständlichen Überblick über die Historizität der Bibel haben möchte, ist mit diesem zeitlosen Grundlagenwerk gut gerüstet. Karin Schlott
Robin Lane Fox
DIE ANDERE GESCHICHTE DER BIBEL
Klett-Cotta, 624 S., € 32,–
ISBN 978–3–608–98116–2
E-Book für €25,99, ISBN 978–3–608–11579–6