Es sind drei Bücher in einem: Das erste berichtet über die Polarexpeditionen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Das zweite bringt die fast vergessene Lebensgeschichte des Pioniers der Pinguinforschung, George Murray Levick, ans Licht. Im dritten geht es um das Verhalten der Pinguine selbst, das Levick damals schockierte.
Lloyd Spencer Davis verwebt diese drei Stränge zu einer packenden Natur-Doku. Für seine Art, Schwieriges einfach zu erzählen und trockene Sachverhalte vergnüglich zu präsentieren, ist der Australier vielfach ausgezeichnet worden. Ausgangspunkt sind die Tagebücher des Schiffsarztes George Murray Levick, eines Begleiters des Polarforschers Robert F. Scott. Levick blieb 1912 im Basislager, während Scott sich mit fünf Männern zum Südpol aufmachte. Von ihnen überlebte keiner. Levick und seinen Gefährten erging es allerdings kaum besser.
Levicks Notizen schildern den Überlebenskampf der Forscher in einer Eishöhle. 45 Grad unter Null waren normal, minus 60 Grad keine Seltenheit. Trotzdem gewinnt Levick als erster Mensch intime Einblicke in das Sexualverhalten der Adelie-Pinguine. Er protokolliert Homosexualität, aber auch Betrug, Prostitution und Gewalt. Und das in einer Drastik, die er sich kaum aufzuschreiben traut. Sieht er bei den Pinguinen doch „Perversitäten“, die man bis dahin nur von Menschen kannte. Lesewarnung: Aus dem, was Levick damals nur verschlüsselt niederschrieb, macht Spencer Davis unmissverständlichen Klartext. Jürgen Nakott
Lloyd Spencer Davis
DAS GEHEIME LIEBESLEBEN DER PINGUINE
DVA, 384 S., € 22,–
ISBN 978–3–421–04852–3