Immer mehr Kinder und Jugendliche kommen zu ihm mit Symptomen wie Antriebslosigkeit, Kopf-, Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit bis hin zu Selbstmordgedanken. Und die Burnout-Falle schnappt immer früher zu. Inzwischen trifft es sogar Grundschüler. Schulte-Markwort will mit seinem Buch Anstoß zu weiteren Untersuchungen und Diskussionen geben. „Unsere Kinder sind ein Thermometer unserer Zeit”, schreibt er. Und: „Das Fieber steigt.”
Für die Not der Kinder macht Schulte-Markwort mehrere Ursachen verantwortlich, die alle mit Leistung zu tun haben. Vor allem der Turbo-Kapitalismus setzt die Familien – und damit die Kinder – unter Druck: Die Unternehmen fordern ihren Mitarbeitern immer mehr ab und nehmen ihnen zugleich die Sicherheit, den Arbeitsplatz zu behalten. Die Zukunftsangst, die daraus entsteht, geben die Eltern an ihre Kinder weiter, indem sie beste Schulnoten fordern. Und viele Mütter, die sich neben ihrem Job noch um die Familie kümmern müssen, sind selbst am Ende ihrer Kräfte. Dazu kommt der Druck, dem Kinder und Jugendliche durch die ständige Präsenz in Facebook und Co. ausgesetzt sind. Nicht zu vergessen die Schulen, an denen viele überforderte Lehrer unterrichten, die keine pädagogische Verantwortung übernehmen können oder wollen.
Schulte-Markwort schreibt in klarer, einfacher Sprache. Kein Fachwort, das er nicht verständlich erklärt. Auch die Gliederung folgt einem klaren Schema. Sie orientiert sich an dem Vorgehen in seiner psychiatrischen Praxis: Befund, Diagnose, Ursache und Behandlung. Als Einstieg dienen vier typische Fallbeispiele von Kindern zwischen 9 und 17 Jahren aus unterschiedlichen sozialen Milieus. Etwas irritierend ist, dass sich Schulte-Markwort vor allem an die Mütter wendet. Man hat manchmal den Eindruck, er habe die Väter als pädagogische Instanz abgeschrieben. Aber vielleicht entspricht das seinen Erfahrungen als Psychiater.