Tödliche Viren aus dem Regenwald, Gifte in Lebensmitteln, Naturkatastrophen, Flüchtlingsströme, religiöser Fanatismus und Terror – doch sind wir heute tatsächlich mehr als je zuvor gefährlichen Ereignissen ausgesetzt? Oder leben wir in einer Gesellschaft, die auf vermeintliche Bedrohungen überängstlich reagiert und sich in Abwehrreaktionen erschöpft?
Der Spiegel-Journalist Jörg Schindler hat viele Beispiele zusammengetragen, die tagtäglich Angst und Schrecken verbreiten, und auf ihren tatsächlichen Bedrohungsgehalt überprüft. Er kommt zu dem Schluss, dass es durchaus gute Gründe gibt, wachsam zu sein: Schließlich ist die Angst ein biologisches Grundgefühl, das warnt und schützt – und das mithin lebenserhaltend ist. Wo Angst aber ungerechtfertigt geschürt wird, breiten sich Ängstlichkeit und Enge im Leben aus. Dann bleibt nur wenig Raum für Fantasie, für kreative Lösungen und mutige Gedanken. Menschen, die vorwiegend mit ihrer Angst und Angstbewältigung beschäftigt sind, können den Ursachen nicht nachspüren und keine problemlösenden Strategien entwickeln.
Die Botschaft des Buchs ist, erschreckende Ereignisse und Meldungen mit dem gesunden Menschenverstand zu hinterfragen und Fakten von sensationsheischender Panikmache zu unterscheiden. Wichtig ist auseinanderzuhalten, was eine Bedrohung ist und was nicht, wo Angst gerechtfertigt ist und wo lediglich Angstmacher am Werke sind. Das ist keine neue Erkenntnis. Aber eine, die wir uns angesichts immer neuer Bedrohungsszenarien in Erinnerung rufen sollten, um zu mehr Gelassenheit und Zuversicht zu finden. Sonst verpassen wir womöglich vor lauter Angst unser Leben. Oder um es mit Erich Kästner zu sagen: “Wird’s besser? Wird’s schlimmer? Fragt man alljährlich. Seien wir ehrlich: Leben ist immer lebensgefährlich!”
Jörg Schindler
Panikmache
Wie wir vor lauter Angst unser Leben verpassen
S. Fischer, Frankfurt am Main
288 S., € 14,99
ISBN 978–3–5960–3416–1