Dass Darwin seine Überlegungen nach langem Zögern endlich 1859 der Öffentlichkeit mitteilte, liegt vermutlich an einem Kollegen, der zur gleichen Zeit zu ähnlichen Erkenntnissen gekommen war: Alfred Russel Wallace. Kurz nachdem der britische Naturforscher Darwin per Brief über seine Thesen informiert hatte, veröffentlichte der sein Buch „Über die Entstehung der Arten”. Um diesen Ablauf ranken sich viele Mysterien. Es geht um geschriebene, verschickte, verlorene, entwendete und ersetzte Briefe. Und darum, wer hier seine Hände im Spiel hatte. Um Darwin zu schützen? Um zu verhindern, dass Wallace ihm zuvorkam?
Matthias Glaubrecht, Evolutionsbiologe am Museum für Naturkunde in Berlin, nimmt die Spur der verschwundenen Briefe auf. Er erzählt die Lebens- und Forschungsgeschichte von Wallace, die sich in Teilen wie ein Roman liest, mit abenteuerlichen Stationen in Brasilien und Geschichten über einen Schiffbruch, bei dem eine wertvolle Sammlung biologischer Präparate verloren ging, und über Expeditionen in Indonesien, auf denen Wallace sein Aha-Erlebnis hatte.
Die beiden Forscher trafen sich mehrfach, nachdem Darwin seine Thesen veröffentlicht hatte. Wallace neidete ihm den Ruhm anscheinend nicht. Immerhin errang auch er ein Stück Unsterblichkeit: Die biogeografische Grenze zwischen Indonesien und Australien – zwischen asiatischer und australischer Fauna – ist nach ihm benannt.
Jürgen Nakott