Zum 75. Geburtstag des Genforschers James D. Watson ist eine Biografie erschienen, in der die Geschichte der DNA aufgerollt wird. Forscher, Manager und unbequemer Geist
JAMES DEWEY WATSON ist eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten unserer Zeit: Als Forscher, Lehrer, Schriftsteller, wissenschaftlicher Direktor und wissenschaftspolitischer Manager hat er über 50 Jahre lang die Entwicklung der Lebenswissenschaften begleitet. Er war dabei, als sich Mitte des letzten Jahrhunderts aus der Biologie die Molekularbiologie entwickelte und als in den letzten 20 Jahren die Genetik zur Genomforschung heranreifte. Watson hat mit Francis Crick im britischen Cambridge die Struktur der DNA entdeckt, aus einem verschlafenen Labor das Cold Spring Harbor Laboratory gemacht, eines der produktivsten Forschungs- und Kon gresszentren der Welt, und schließlich das Humangenomprojekt angeschoben und zeitweise geleitet. Zum 75. Geburtstag dieses außergewöhnlichen Forschers ist nun eine Biografie erschienen, fesselnd geschrieben von Ernst Peter Fischer. Der Wissenschaftshistoriker traf Jim wie ihn seine Freunde nennen erstmals 1973. Schon damals bewunderte er den Forscher. Dass sich das bis heute nicht geändert hat, spricht aus jeder Seite des Buches manchmal etwas zu eindringlich. In einem Mix aus Biografie und Lehrbuch lässt Fischer entlang Watsons Lebensstationen die Geschichte der DNA Revue passieren von den vierziger Jahren, als die DNA noch terra incognita war, bis heute. Schade nur, dass man nicht viele private Details von Watson erfährt. Der Leser lernt den großen Watson nicht als Freund, Bruder und Ehemann kennen, sondern als Student, Wissenschaftler und Nobelpreisträger der allerdings stets unverblümt seine Meinung sagt, auch wenn es um heikle Themen geht. So plädiert er dafür, bei einem ungeborenen Kind genetische Behinderungen zu beheben, wenn die Eltern dies wünschen. Auch wenn einige DNA-Modelle schwierig zu durchschauen sind und manche Definitionen im Glossar (zum Beispiel von Eukaryont oder Rekombination) bestimmt nicht Watsons Anspruch an wissenschaftliche Korrektheit gerecht werden, ist Fischers Buch lehrreich und unterhaltsam zugleich.
Karin Hollricher, promovierte Biologin und freie Wissenschaftsjournalistin
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