Viele Diagnoseverfahren, Therapien und Medikamente haben keinen wissenschaftlich belegten Nutzen – werden aber trotzdem oft durchgeführt oder verordnet, weil es für Ärzte, Apotheker und Pharmaindustrie gewinnbringend ist. Oder weil Ärzte neue Studienergebnisse nicht kennen. Die Medizinjournalisten Ragnhild und Jan Schweitzer, die als Ärzte gearbeitet haben, nennen weitere Gründe: So möchten viele Eltern sofort Gewissheit, ob die Beschwerden ihres Kindes nicht auf eine schlimme Erkrankung hinweisen. Und die meisten Patienten erwarten, dass ihr Arzt mehr tut, als sie auf die Selbstheilungskräfte ihres Körpers hinzuweisen. Dabei bekämpfen die beiden Autoren den verbreiteten Irrglauben, dass viele medizinische Maßnahmen, die nichts nützen, wenigstens nichts schaden.
In ihrem fundiert recherchierten Buch geben sie einen kompakten Überblick darüber, wo besonders oft sinnlos diagnostiziert oder therapiert wird. Dazu gehören Arthrose, Rückenschmerzen, Gallensteine, Erkältungen, Warzen und Weisheitszähne. Sie kritisieren außerdem einige Früherkennungsuntersuchungen – etwa die für Prostatakrebs – und etliche “individuelle Gesundheitsleistungen“ (IGeL) wie die Bestimmung von Immunglobulin G als Nahrungsmittelallergie-Test. Und schließlich beschäftigen sie sich mit dem Unsinn von Diäten und Nahrungsergänzungsmitteln.
Am Ende ist der Leser überzeugt: Es lohnt sich bei vielen nicht allzu heftigen Beschwerden, gelassen zu bleiben und einfach abzuwarten.
Ragnhild Schweitzer, Jan Schweitzer,
Fragen Sie weder Arzt noch Apotheker,
Kiepenheuer; Witsch, Köln 2017, 270 S.,
€ 14,99, ISBN 978–3–462–04767–7,
E-Book für € 12,99, ISBN 978–3–462–31608–7
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