Energiewende: der Weg und die Ziele
Das verheerende Erdbeben, das Japan am 11. März 2011 heimsuchte, der anschließende Tsunami und die dadurch ausgelöste Reaktorkatastrophe von Fukushima haben der modernen technischen Zivilisation dramatisch und drastisch die Grenzen gezeigt: Auch Kernkraftwerke, die nach bestem Wissen gebaut wurden, sind nicht gefeit vor verheerenden Totalausfällen. Mehr noch: Das Schlimme an der Kernkraft ist, dass die Zerstörung nicht in einer einmaligen Katastrophe endet. Vielmehr kommt es durch das ionisierende – sprich radioaktive – Inventar von Kernprozessen zu einer bis über Jahrtausende anhaltenden Verseuchung und Unbewohnbarkeit großer Landstriche. In Deutschland waren sich Politik und Öffentlichkeit nach dem Japan-Erdbeben ungewohnt rasch einig: Kernkraftanlagen sind ein Auslaufmodell. Kanzlerin Angela Merkel rief die Energiewende aus: Regenerative Energien, CO2-emissionsarme Kraftwerke und Energieeinsparungstechnologien sollen künftig den Bedarf an Elektrizität umweltschonend und rohstoffsparend befriedigen.
Inzwischen ist der Streit über das Tempo und den „richtigen” Weg wieder entbrannt. Im Januar 2012 warnten 30 Energieforscher vor einem Scheitern. So mancher Bürger ist zu seiner bereits früher gepfl egten „Ich-bin-dagegen-Haltung” zurückgekehrt. Damit ist niemandem geholfen. Wenn die ambitionierten Ziele der Energiewende erreicht werden sollen, müssen die Wege geebnet und Meilensteine eingegraben werden. Zur Erinnerung: Bis 2020 soll der Energieanteil aus Sonne, Wind & Co am Stromverbrauch mindestens 35 Prozent betragen. Und bis 2050 sollen 80 Prozent der gesamten Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen kommen. Daraus folgt: Es müssen jetzt jene Vereinbarungen her, die technologische Entwicklungen beschleunigen, Genehmigungsabläufe vereinfachen und fi nanzielle Anreize defi nieren, aber nicht zementieren.
Dieses „bild der wissenschaft plus” stellt Ihnen am Beispiel der Siemens AG vor, was inzwischen an Stromerzeugungstechnologien machbar ist und wo die großen Fortschritte der jüngsten Zeit liegen. Das Unternehmen ist auch deshalb interessant, weil es seine Produkte in vielen Regionalmärkten unserer globalisierten Wirtschaft erfolgreich verkauft und dazu über den deutschen Tellerrand hinausblicken muss – zum Vorteil seiner Mitarbeiter hierzulande. Für uns von bild der wissenschaft öffneten sich durch die Zusammenarbeit Türen, die Journalisten meist verschlossen bleiben. So hatte Ralf Butscher – der Leiter dieses Sonderheftprojekts – die Gelegenheit, den Prototyp einer gigantischen 6-Megawatt-Windkraftanlage im Nordwesten Dänemarks zu begehen. Ich selbst konnte mich im Kraftwerk Ulrich Hartmann in Irsching umsehen, wenige Tage nachdem der TÜV dort den Wirkungsgrad-Weltrekord abgenommen hatte. Ich freue mich auf Ihre Reaktionen.
Ihr Wolfgang Hess, Chefredakteur