Noch bevor Junos Messungen beginnen, hat sich der MPS-Forscher Thomas Gastine den Jupiter mit Simulationsrechnungen auf einem Supercomputer vorgenommen. Das Computermodell beschreibt erstmals das Innenleben des Planeten mit einer einheitlichen Simulation. Ein halbes Jahr Rechenzeit war dafür erforderlich. Zusammen mit mehreren Kollegen hat Gastine die Vorgänge in der Tiefe rekonstruiert: Knapp 10.000 Kilometer unter der Wolkendecke, bei einem Druck von einigen Millionen Bar, wird der flüssige Wasserstoff zu einem elektrischen Leiter – ein Aggregatzustand, den es bei uns natürlicherweise nicht gibt, den Physiker aber berechnen können und im Labor herzustellen versuchen. Im Jupiter nimmt dieser metallische Ozean einen beträchtlichen Teil des zwiebelartigen Aufbaus ein. Der numerische Kraftakt ergab ein realistisches Resultat.
Auch Raumsonden haben das magnetische Feld Jupiters gemessen. “Der Hauptteil entsteht in der Tiefe des Planeten”, meint Johannes Wicht. Dort sei ein “planetarer Dynamo” am Werk. Mit dem Dynamo-Modell erklären Geophysiker, wie in vielen Planeten, auch der Erde, ein globales Magnetfeld entsteht.
Es gibt jedoch noch eine zweite, schwächere Komponente, und zwar in dem Übergangsbereich zur metallischen Schicht, sagt Wicht. Bereits 8000 Kilometer unter den Wolken ist die elektrische Leitfähigkeit durch die Bildung von Plasma beträchtlich. Eine starke Strömung in östlicher Richtung, die durch Wolkenbewegungen in der Nähe des Äquators sichtbar wird, lässt auch dort einen Dynamo entstehen. Die Simulationen, die rund 6500 Jahre abdecken, zeigen schon in diesem Zeitraum Veränderungen: Die magnetische Feldstärke schwankt, und die Achsneigung des Felds variiert jährlich um 0,02 Grad. Junos Messungen werden diese Vorhersagen bald überprüfen.
Vorreiter Galileo-Eintauchsonde
In geringem Maß besteht Jupiter auch aus schwereren chemischen Elementen: aus Edelgasen, Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel. “Im Vergleich zur Sonne sind diese Elemente deutlich angereichert”, erläutert Bolton. Das bestätigten Messungen der Galileo-Eintauchsonde, die 1995 rund 160 Kilometer tief in die Gashülle Jupiters eindrang, bevor sie durch den zunehmenden Druck bei 22 Bar zerstört wurde.
Auch in interstellaren Wolken, aus denen sich Planetensysteme bilden, sind diese schweren Elemente vorhanden. Am häufigsten ist Sauerstoff. “Er ist eine fundamentale Ingredienz überall im Weltall. Als Verbindung aus Sauerstoff und Wasserstoff ist H 2O das grundlegendste Molekül im Kosmos überhaupt – nicht nur wegen seiner Bedeutung für das Leben”, sagt Bolton. Denn Wasser war wohl das erste Molekül, das sich im abkühlenden solaren Urnebel gebildet hat. Weit entfernt von der Protosonne war es so kalt, dass es zu Eis gefror. “Und Eis kann sehr effizient andere schwere Elemente binden”, weiß Bolton. Deshalb habe sich Wassereis mit diesen Elementen in einer frühen Stufe der Planetenbildung zu eishaltigen Urkörpern zusammengefügt, den Planetesimalen, kleinen, schmutzigen Eisbrocken”. Als sich Jupiter formte, stürzten solche Planetesimale in den heranwachsenden Planeten und versorgten ihn mit schweren Elementen.
Eingetaucht am Sahara-Fleck
Manche Resultate der Eintauchsonde verblüfften die Forscher: Die meisten schweren Elemente waren ungefähr gleich häufig angereichert, unabhängig von ihrer jeweiligen chemischen Neigung, sich mit einem Wassermolekül zusammenzutun. Ein anderes Rätsel: Ausgerechnet Wasser soll in Jupiters Gashülle viel seltener sein als in der Sonne und den interstellaren Wolken – es ist abgereichert. Die Messungen gelten deshalb als fraglich. Möglicherweise wurde die Eintauchsonde zu einer besonders trockenen Stelle gelenkt – zu “Jupiters Sahara-Fleck”, wie sich Bolton augenzwinkernd ausdrückt. Juno soll es nun vom Orbit aus besser machen: “Wir wollen herausfinden, wie diese Substanzen in Jupiter und in die anderen Planeten kamen”, sagt Bolton.
15 Monate lang wird Juno den Jupiter erkunden. Am Ende der Mission wird man wissen, wie viel Wasser es auf Jupiter wirklich gibt. Ob unter dem Meer aus metallischem Wasserstoff ein fester Kern existiert, sollen Messungen von Jupiters Schwerefeld klären. Im Computer kann man den Gasplaneten mit, aber auch völlig ohne Kern simulieren und messbare Konsequenzen ableiten. Juno wird diesem Geheimnis auf den Grund gehen.
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Geschafft: Juno fliegt im Orbit von JupiterNach fünf Jahren Reise hat die NASA-Raumsonde Juno Jupiter erreicht. Am 5. Juli 2016 um 5.53 Uhr (Mitteleuropäische Sommerzeit ) schwenkte die Sonde in eine Umlaufbahn um den Planeten. Dazu wurde der Hauptantrieb gezündet und Juno tauchte 35 Minuten lang mit einer Geschwindigkeit von 542 Metern pro Sekunde in den Orbit des Gasriesen. Bis Februar 2018 wird die Sonde 37 Mal den Riesenplaneten umrunden. Anschließend soll sie auf Jupiter stürzen. |