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Wie bedrohlich wird Sars-CoV-2 in Zukunft sein?

Gesundheit|Medizin

Wie bedrohlich wird Sars-CoV-2 in Zukunft sein?
Coronavirus
Coronavirus Sars-CoV-2 (Bild: Maksim Tkachenko/ iStock)

Wie entwickelt sich die Gefährlichkeit des neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2, wenn es langfristig in der Bevölkerung zirkuliert? Anhand von Vergleichen mit anderen, schon lange bekannten Coronaviren vermutet ein Forschungsteam, dass Covid-19 in einigen Jahren nach und nach zu einer harmlosen Erkältung wird. Die Prognose basiert auf der Annahme, dass Infektionen im Kindesalter mild verlaufen und im späteren Leben einen teilweisen Schutz vor schweren Verläufen bieten. Falls dies nicht zutrifft, werden auch langfristig weiterhin Impfungen gegen das Virus notwendig sein, so die Forscher.

Neben dem Coronavirus Sars-CoV-2, das derzeit für eine weltweite Pandemie mit zahlreichen Todesopfern verantwortlich ist, gibt es weitere Coronaviren, die schon lange beim Menschen vorkommen. Vier von ihnen sind weltweit verbreitet und verursachen in der Regel nur milde Erkältungssymptome. Diese vier Coronaviren sind endemisch, das heißt, sie zirkulieren dauerhaft in der Bevölkerung und verursachen häufige Infektionen. Kinder kommen typischerweise bereits im Vorschulalter mit diesen Viren in Kontakt.

Vergleich mit endemischen Coronaviren

Ein Team um Jennie Lavine von der Emory University in Atlanta nimmt nun Erkenntnisse über diese harmlosen Coronaviren als Grundlage für Prognosen, wie sich Sars-CoV-2 in den nächsten Jahren entwickeln wird, wenn es ebenfalls so weit in der Bevölkerung verbreitet ist, dass es endemisch wird. Bei den bisher bekannten endemischen Coronaviren verlaufen die Infektionen im Kindesalter in aller Regel ohne Komplikationen und bieten eine gewisse, wenn auch eingeschränkte Immunität gegen das jeweilige Virus.

„Eine erneute Infektion ist durchaus innerhalb eines Jahres möglich, aber selbst wenn sie auftritt, sind die Symptome mild und das Virus wird schneller aus dem Körper entfernt“, sagt Lavine. „Das unterstreicht die Notwendigkeit, die verschiedenen Komponenten der Immunität gegen Sars-CoV-2 auseinander zu halten: Wie lange hält die Immunität, die einen schweren Verlauf verhindert, und wie lange hält die Immunität, die die Übertragung verhindert? Diese Zeitspannen können sehr unterschiedlich sein.“

Infektionssterblichkeit könnte langfristig sinken

Bezogen auf Sars-CoV-2 gibt es zu diesen Fragen bereits einige Studien, aber noch keine eindeutigen Antworten. Für ihr Modell nehmen Lavine und ihre Kollegen an, dass die Werte ungefähr denen der Erkältungs-Coronaviren entsprechen. Demnach würde die Erstinfektion zwar einen gewissen Schutz vor schweren Verläufen, nicht aber vor einer erneuten Ansteckung und Übertragung bieten. Die Harmlosigkeit der vier endemischen Coronaviren könnte nach Ansicht der Forscher darin begründet liegen, dass fast alle Menschen als Kind eine Grundimmunität erworben haben. „Wir wissen nicht wirklich, wie es wäre, wenn jemand zum ersten Mal als Erwachsener anstatt als Kind eines der anderen Coronaviren bekommen würde“, betont Lavine.

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Sollten sich bisherige Beobachtungen und Vermutungen bestätigen, nach denen auch Sars-CoV-2 bei Kindern mild verläuft und sie im späteren Leben vor schweren Ausprägungen der Erkrankung schützt, könnte die Infektionssterblichkeitsrate langfristig auf unter 0,1 Prozent und damit unter den Wert der saisonalen Influenza fallen, so die Forscher. „Wir befinden uns in unbekanntem Terrain, aber eine wichtige Botschaft der Studie ist, dass immunologische Indikatoren darauf hindeuten, dass die Todesraten und der kritische Bedarf an breit angelegten Impfungen in Zukunft abnehmen könnten“, sagt Co-Autor Ottar Bjornstad von der Pennsylvania State University. „Daher sollte der maximale Aufwand dem Ziel gelten, diese jungfräuliche Pandemie auf dem Weg zur Endemie zu überstehen.“

Tests weiterhin wichtig

Um auf diesem Weg so wenige Menschenleben wie möglich zu gefährden, ist es nach Ansicht der Forscher wichtig, die Ausbreitung der Krankheit durch Social-Distancing-Maßnahmen zu verlangsamen, und sobald ausreichende Mengen der Impfstoffe zur Verfügung stehen, so viele Menschen wie möglich damit zu impfen. Dem Modell der Forscher zufolge sind Massenimpfungen vor allem in den ersten ein bis zwei Jahren wichtig. Danach, wenn das Virus einen endemischen Status erreicht, seien Impfungen mutmaßlich nur noch für Risikogruppen notwendig.

Umfangreiches Testen hingegen sei weiterhin äußerst relevant, schreiben die Forscher. Gerade wenn das Virus, wie im Modell angenommen, tatsächlich mit der Zeit harmloser wird, sei es bald anhand der Symptome nicht mehr von anderen Infektionen zu unterscheiden. Trotzdem sind Daten zur Verbreitung wichtig, um den Verlauf der Pandemie im Übergang zur Endemie zu überwachen. Alle Prognosen stützen sich darauf, dass eine Infektion mit Sars-CoV-2 tatsächlich bei Kindern harmloser ist und sie vor späteren schweren Verläufen schützt. Sollte sich diese Annahme als falsch herausstellen und das Virus mit der Zeit womöglich auch für Kinder gefährlicher werden, sind dauerhafte Massenimpfprogramme erforderlich, die auch Kinder einschließen, so die Forscher.

Quelle: Jennie Lavine (Emory University, Atlanta) et al., Science, doi: 10.1126/science.abe6522
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