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Was rote Blutkörperchen so flexibel macht

Gesundheit|Medizin

Was rote Blutkörperchen so flexibel macht
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Illustration zur Struktur des Netzwerks unter der Oberfläche der roten Blutkörperchen. An den Verknüpfungen, an denen die fünf bis sechs Spektrinproteine zusammenkommen, sitzt das Struktur-Protein Aktin. (Illustration: Ke Xu, UC Berkeley)
Sie quetschen sich geschmeidig durch die feinsten Äderchen: Hochauflösende Mikroskopie hat nun neue Einblicke in die feine Netzwerkstruktur ermöglicht, die den roten Blutkörperchen diese erstaunliche Flexibilität verleiht. Die neuen Strukturinformationen könnten zur Klärung beitragen, wie der Erreger der Malaria die Membran der roten Blutkörperchen durchdringt, wenn er sie befällt und schließlich zerstört.

Rote Blutkörperchen sind bekanntlich eine ganz besondere Version von Körperzellen: Ihre Aufgabe ist es, Sauerstoff von der Lunge in jeden Winkel des Körpers zu liefern. Ein wichtiges Merkmal der Erythrozyten ist dabei ihre flache, frisbee-ähnliche Form und die starke Verformbarkeit, die es ihnen ermöglicht, auch die feinsten Kapillaren der Körpergewebe zu durchqueren. Vereinfacht ausgedrückt, handelt es sich um flexible, aber dennoch robuste Membran-Säcke, die mit Molekülen von sauerstofftragendem Hämoglobin gefüllt sind.

Elektronenmikroskopische Aufnahmen haben bereits zeigt, dass in der Haut der roten Blutkörperchen ein feines Protein-Netz mit dreieckigen Maschen sitzt, das für die Flexibilität der Hülle verantwortlich ist. Mit dieser Mikroskopier-Technik konnten aber nur die Strukturen toter und ausgetrockneter Zelle untersucht werden, was Fragen über die Merkmale im lebendigen Zustand der Erythrozyten offen ließ.

Frische Blutkörperchen im Fokus

Deshalb haben die Forscher um Ke Xu von der University of California in Berkeley nun die Blutkörperchen mit einer innovativen Technik untersucht, die auf der Super-Resolution-Mikroskopie basiert. Die “Stochastic Optical Reconstruction Microscopy” (STORM) bietet etwa zehnmal bessere Auflösung als die Standard-Lichtmikroskopie und ermöglicht die Untersuchung von nicht eigens getrockneten Strukturen lebender Zellen. Es gelang den Forschern auf diese Weise, das submembrane Zytoskelett frischer roter Blutkörperchen detailliert abzubilden.

Dabei zeigte sich: Die Dreiecke des Netzwerks sind nur etwa halb so groß wie es die früheren Messungen mittels Elektronenmikroskopie nahegelegt hatten: Jede Seite der Dreiecke ist nur 80 statt 190 Nanometer lang. Es handelt sich den Forschern zufolge dabei um einen entscheidenden Unterschied. Denn die Verknüpfungen des Netzes bildet ein flexibles Protein namens Spektrin, dessen maximale Streckung eigentlich bereits bei 190 Nanometern erreicht ist. “Wenn das Netzwerk aus gestrecktem Spektrin bestünde, wäre es gespannt”, sagt Xu. Sein Kollege Rui Yan führt weiter aus: “Da die Länge des Spektrins aber normalerweise nur 80 Nanometer beträgt, bildet sich ein eher federnder Zustand, bei dem unter Kompression oder Dehnung viel Flexibilität entsteht. Das erklärt, wie die roten Blutkörperchen unter verschiedenen physiologischen Bedingungen Elastizität erhalten und sich etwa durch eine enge Kapillare quetschen können”, so Yan.

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Ein Netz mit funktionalen Löchern?

Die Forscher deckten bei ihren Untersuchungen noch einen weiteren bisher unbekannten Aspekt auf: Löcher im Netz, bei denen es sich ihnen zufolge wohl nicht um Fehler handelt, sondern um zusätzliche Elemente, die Flexibilität erzeugen. “Die Löcher scheinen wie Defekte im Netzwerk, aber sie könnten eine Funktion haben”, sagt Xu. “Die Zelle muss ihre Struktur manchmal schnell ändern, wenn sie durch die Kapillaren wandert und diese Löcher könnten hilfreich sein, die Form zu verändern, ohne dass das Netz Schaden nimmt: Die Schwachstellen könnten Beugepunkte bilden, wenn es eng wird”, so Xu.

Wie die Forscher betonen, könnten die neuen Erkenntnisse zur Struktur der roten Blutkörperchen nun beispielsweise auch für die Malaria-Forschung interessant sein. “Man weiß, dass der Malaria-Erreger mit dem Zytoskelett der Erythrozyten interagiert, aber wie genau, ist unklar, weil es bisher keine gute Möglichkeit gab, die Struktur detailliert zu betrachten”, sagt Xu. “Nachdem wir nun Einblicke in die Merkmale von gesunden Zellen gewonnen haben, können wir der Frage nachgehen, was sich bei der Infektion mit den Malaria-Parasiten verändert und wie Medikamente die Interaktion beeinflussen könnten”, so der Wissenschaftler.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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