Es wimmelt überall – und auf vielen Alltagsgegenständen leben spezielle Mikroben. Wie ist das im Fall der Brille? Den Ergebnissen einer Studie zufolge tummeln sich dort zahlreiche harmlose Bakterienarten, aber auch potenziell problematische, die etwa das Auge befallen können. Eine regelmäßige feuchte Reinigung ist daher sinnvoll, sagen die Wissenschaftler.
Deutschland – Brillenland: Fast die Hälfte der Bevölkerung trägt ständig oder zumindest gelegentlich eine Brille. Durch ihre Position mitten im Gesicht, die Nähe zu Mund und Nase sowie dem häufigen Hautkontakt scheint klar: Brillen sind wohl kaum keimfrei. Welche Mikroben dort allerdings genau zu finden sind, haben Forscher der Hochschule Furtwangen untersucht. Sie setzten dazu eine moderne Nachweistechnik ein: Sie sind den Mikroben anhand ihrer genetischen Signaturen auf die Spur gekommen. „Da viele Bakterien sich bislang nicht kultivieren lassen, haben wir molekularbiologische Methoden genutzt, um Einblicke in die Besiedlung der Brillen zu gewinnen“, sagt Studienleiter Markus Egert. Für ihre Analysen nahmen die Forscher Proben von 30 Brillen an jeweils drei Stellen: Gläsern, Ohrbügeln und Nasenpolstern.
Insgesamt haben die Wissenschaftler 5232 verschiedene Bakterienarten aus 665 Gattungen identifiziert. Die höchste Artenvielfalt zeigten dabei die Brillengläser und die geringste die Nasenpolster, berichten die Wissenschaftler. Besonders auf den Gläsern finden sich demnach auch viele typische Keime aus der Umwelt, wie Pseudomonaden. Sie wirbeln offenbar über die Luft auf die flächigen Teile der Brille. Generell dominierten aber Haut- und Schleimhautbakterien wie Cutibakterien, Corynebakterien oder Staphylokokken die Brillen. Sie gelangen offenbar über die Gesichtshaut, die Hände oder Mund und Nase auf die Strukturen – oder beim Atmen und Brilleputzen durch Hauchen, erklären Egert und seine Kollegen.
Auch potenzielle Bösewichte
Wie die detaillierten Auswertungen ergaben, handelt es sich bei einem Großteil der 13 am häufigsten identifizierten Arten um potenzielle Krankheitserreger. Sie können gerade bei empfindlichen Menschen Infektionen des Auges auslösen. Die Studie liefert damit eine umfassende Grundlage für eine bessere Beurteilung von Brillen als Keimüberträgern, sagen die Wissenschaftler. Möglicherweise spielen sie eine wichtige Rolle als Keimreservoire bei wiederkehrenden Augeninfektionen und der Übertragung Antibiotika-resistenter Bakterien.
Dagegen lässt sich aber etwas tun: Egert und seine Kollegen konnten bereits verdeutlichen, dass sich die bakterielle Belastung auf Brillen durch eine feuchte Reinigung – etwa mit Brillenreinigungstüchern – um rund 95 Prozent reduzieren lässt. „Eine feuchte Reinigung mit alkoholischen oder tensidhaltigen Brillenreinigungstüchern oder einfach mit Wasser und Spülmittel ist nach aktuellem Wissensstand auch eine sinnvolle Strategie zur Entfernung von Corona- und anderen Viren auf der Brille, nachdem man Kontakt mit hustenden Menschen gehabt hat“, sagt Egert abschließend.
Quelle: Hochschule Furtwangen, Fachartikel: Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-020-62186-6