Verstärkte Pumpleistung nach Nächten im Schlaflabor: Durch eine Tiefschlaf-Stimulationstechnik haben Forscher aufgezeigt, wie das Herz-Kreislaufsystem von einem gesunden Schlummer profitiert. Die Schlaf-Intensivierung durch kurze Töne führte demnach dazu, dass sich das Herz kräftiger zusammenziehen und wieder entspannen kann. Neben dem Einblick in die physiologische Bedeutung des Tiefschlafs zeichnet sich auch medizinisches Anwendungspotenzial für die Stimulationstechnik ab, sagen die Wissenschaftler.
Unkonzentriert und schlapp: Zu wenig oder auch schlechter Schlaf führt bekanntlich zu unangenehmen geistigen und körperlichen Symptomen. Wie sich der Schlaf auf die Gesundheit des Menschen auswirkt, wird schon lange intensiv erforscht. Als ein besonders wichtiger Teil des erholsamen Schlummers hat sich dabei der Tiefschlaf erwiesen. Er ist von einem langsamen Wellenverlauf der Hirnaktivität gekennzeichnet und fördert die Regenerationsprozesse im Körper. Eine Beeinträchtigung des Tiefschlafes kann sich unter anderem auf das Herz-Kreislaufsystem auswirken. Bisher ist allerdings nicht genau bekannt, auf welcher Funktion dieser Zusammenhang basiert.
Akustische Stimulation
Das Forscherteam um Senior-Autorin Caroline Lustenberger von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) ist nun der bisherigen Vermutung nachgegangen, nach der ein gesunder Tiefschlaf die Pumpleistung des Herzens verbessert. Sie nutzten dazu eine Technik, die bereits seit einigen Jahren an der ETH Zürich erfolgreich entwickelt wird: Es hat sich gezeigt, dass der Tiefschlaf durch spezielle akustische Reize intensiviert werden kann. Dabei werden Probanden kurze, sanfte Töne aufs Ohr gelegt, sobald ein Erfassungssystem ihrer Hirnwellen anzeigt, dass sie in den Tiefschlaf gefallen sind. Ein Computersystem passt die akustischen Reize anschließend an den Verlauf der Hirnaktivität an. Dadurch lässt sich dann die Intensität des Tiefschlafes erhöhen.
An der Studie zur Untersuchung des möglichen Effekts dieser Technik auf die Herzfunktion nahmen nun 18 gesunde Männer im Alter von 30 bis 57 Jahren teil. Sie verbrachten dazu drei nicht aufeinanderfolgende Nächte im Schlaflabor. In zwei der Versuchsdurchläufe stimulierten die Forschenden die Probanden mit dem Tiefschlaf-verstärkenden System, in einer Nacht nicht. Während des Schlafs erfassten sie kontinuierlich die Gehirnaktivität, den Blutdruck und die Herztätigkeit der Probanden. Diese Messungen wurden dann von einem Computersystem verarbeitet und analysiert. Außerdem wurde die Herzfunktion der Probanden nach den Nächten im Schlaflabor mittels Echo-Kardiographie untersucht.
Wie die Wissenschaftler berichten, stellten sie überraschend starke Effekte der Behandlung fest. Zunächst zeigte sich eine direkte Beeinflussung der Herztätigkeit: „Während der Stimulation haben wir klar eine Erhöhung der Tiefschlafwellen gesehen, die mit einer Antwort des Herz-Kreislaufsystems einherging, welche an eine kardiovaskuläre Pulsation erinnert“, sagt Erst-Autorin Stephanie Huwiler von der ETH Zürich. Besonders auffallend waren dann die Befunde am folgenden Tag: „Wir haben deutlich gesehen, dass sowohl die Pumpkraft als auch die Relaxationsfähigkeit des Herzens größer ist nach Nächten mit Stimulation verglichen mit Nächten ohne“, sagt Co-Autor Christian Schmied von der Universität Zürich. Dazu sagt Lustenberger: „Dass sich die Stimulation mit Tönen während des Tiefschlafs nach nur einer Nacht so deutlich auf das kardiovaskuläre System auswirkt, hat uns überrascht“.
Linke Herzkammer gestärkt
Konkret zeichnete sich in den Untersuchungsergebnissen ab, dass die Förderung der Gehirnwellen während des Tiefschlafs dazu führt, dass insbesondere die linke Herzkammer sich stärker zusammenzieht und wieder entspannt. Dadurch gelangt mehr Blut in den Kreislauf und weniger bleibt im Herzen zurück. Dies verstärkt wiederum den Blutfluss, was sich positiv auf das kardiovaskuläre System auswirkt. „Trotz der relativ kleinen Probandengruppe sind die Resultate signifikant. Zudem haben wir die Ergebnisse in zwei unabhängigen Nächten reproduziert, das ist statistisch gesehen sehr stark“, sagt Lustenberger.
Wie das Team erklärt, hat die Studie damit nun verdeutlicht, in welcher Weise der Tiefschlaf mit einem gesunden Herz-Kreislaufsystem zusammenhängt. Darüber hinaus sehen die Wissenschaftler therapeutisches Potenzial in ihrem Verfahren. „Die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen könnte mit diesem oder ähnlichen Stimulationsverfahren verbessert werden“, sagt Lustenberger. Dazu ergänzt Huwiler: „Insbesondere in der Prävention, aber auch im Leistungssport könnte ein solches Tiefschlaf-Stimulationssystem in Zukunft verbesserte Herzfunktionen ermöglichen – und möglicherweise für eine schnellere und bessere Regeneration sorgen“, sagt Huwiler.
Die Forschenden planen nun auszuloten, inwieweit spezielle Stimulationsmethoden das kardiovaskuläre System noch intensiver verbessern können. Außerdem sollen auf die Studie mit der relativ kleinen Männergruppe umfangreichere Tests folgen: „Es ist jetzt zunächst wichtig, zu untersuchen, inwieweit auch Frauen von einer solchen Tiefschlafstimulationsmethode profitieren können“, sagt Lustenberger.
Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich), Fachartikel: European Heart Journal, doi: 10.1093/eurheartj/ehad630