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Test weist Virusvarianten im Speichel nach

Coronavirus

Test weist Virusvarianten im Speichel nach
Testgerät
So sieht das Testgerät aus. (Bild: Devora Najjar)

PCR-Tests gelten als der Goldstandard zum Nachweis von Sars-CoV-2, sind allerdings aufwändig und erfordern eine gewisse medizinische Infrastruktur. Forscher haben nun eine mögliche Alternative entwickelt: Ihr Testsystem miSHERLOCK soll Covid-19 anhand von Speichelproben innerhalb von nur einer Stunde nachweisen und zugleich Varianten des Virus identifizieren. Das Gerät ist so konstruiert, dass Laien es zu Hause anwenden können und das Ergebnis per Smartphone-App auslesen können. Die kostengünstige Herstellung soll es auch für ressourcenschwache Gebiete zugänglich machen.

Ein wichtiger Baustein, um die Covid-19-Pandemie einzudämmen, ist eine breit angelegte Teststrategie, die Infektionen mit Sars-CoV-2 zuverlässig identifiziert und insbesondere die Verbreitung von Varianten kontrolliert. Doch gerade in Ländern mit schwacher medizinischer Infrastruktur stehen oft keine verlässlichen Tests zur Verfügung, und selbst in Industrieländern sind die Testkapazitäten begrenzt. PCR-Tests, der aktuelle Goldstandard zum Nachweis des Virus, erfordern medizinisch geschultes Personal und Labore, in denen die Proben ausgewertet werden können. Die einfachen und günstigeren Antigen-Schnelltests sind weniger sensibel und können keine Virusvarianten identifizieren.

Fluoreszenz zeigt positives Ergebnis

Ein Team um Helena de Puig von der Harvard University in Boston hat nun ein Testsystem entworfen, das Sars-CoV-2 in Speichelproben nachweist – und dabei ebenso zuverlässig wie ein PCR-Test sein soll, aber schneller, preiswerter und unkomplizierter. Das modular aufgebaute System beinhaltet außerdem bereits Tests auf verschiedene bekannte Varianten des Virus. „Wir haben gezeigt, dass unsere Plattform so programmiert werden kann, dass sie neu auftretende Varianten erkennt, und dass wir sie recht schnell umfunktionieren können“, sagt de Puigs Kollege James Collins. „In dieser Studie haben wir uns auf die britische, südafrikanische und brasilianische Variante konzentriert, aber man könnte die Diagnoseplattform ohne weiteres an die Delta-Variante und andere neu auftretende Varianten anpassen.“

Der Test basiert auf der sogenannten SHERLOCK-Technologie (specific high-sensitivity enzymatic reporter unlocking), die wiederum die Genschere Crispr/Cas nutzt. Dabei werden spezielle Cas-Enzyme eingesetzt, die ein fluoreszierendes Signal erzeugen, wenn sie das virale Erbgut erkennen und schneiden. Ein RNA-Führungsstrang bestimmt darüber, auf welche Sequenz die Cas-Enzyme reagieren. Das Gerät von de Puig und ihren Kollegen beinhaltet mehrere Probenkammern mit jeweils unterschiedlichen Führungssträngen. Während die Cas-Enzyme in einem der Probengefäße an eine Sequenz binden, die allen Varianten von Sars-CoV-2 gemeinsam ist, reagieren sie in den anderen Probengefäßen auf spezifische Sequenzen der Virusmutationen und können somit nachweisen, ob eine Variante vorliegt.

Einfache Anwendung für Laien

Damit die Anwendung für den Benutzer möglichst einfach ist, entschieden sich die Forscher für Speichelproben als Ausgangsmaterial. Liegt eine Infektion vor, enthält der Speichel viel Virusmaterial und ist somit gut für den Nachweis geeignet. Da allerdings andere Bestandteile des Speichels, sogenannte Speichelnukleasen, auch ohne eine Infektion falsch positive Testergebnisse hervorrufen können, bauten die Forscher einen entscheidenden Vorbereitungsschritt ein: Setzt der Nutzer die Probe in das Gerät ein, wird sie zunächst für drei Minuten auf 95 Grad Celsius erhitzt und mit zwei Chemikalien versetzt, die die Speichelnukleasen deaktivieren. Anschließend wird der Speichel durch eine Membran geleitet, die die virale RNA extrahiert. „Diese Membran war der Schlüssel, um die Nukleinsäuren zu sammeln und zu konzentrieren, sodass wir die Empfindlichkeit erreichen können, die wir für dieses Diagnostikum benötigen“, sagt de Puigs Kollegin Rose Lee.

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Nach dieser Vorbereitung setzt der Nutzer die Probe in die Hauptkammer des Geräts, in der sich die gefriergetrockneten Crispr/Cas-Komponenten befinden. Mit einem Kolben drückt er sie in das Gerät hinein und durchsticht dabei zugleich versiegelte Wasserpakete, die die Reaktion in Gang setzen. Nach 55 Minuten kann er durch ein getöntes Sichtfenster das Ergebnis ablesen – Fluoreszenz bedeutet dabei, dass der Test positiv ist. Mit einer Smartphone-App lassen sich die Ergebnisse auswerten – und gegebenenfalls direkt an die zuständige Gesundheitsbehörde übermitteln. „Unser Ziel war es, ein völlig eigenständiges Diagnostikum zu entwickeln, das keine weiteren Geräte benötigt“, erklärt de Puigs Kollege Xiao Tan. „Im Grunde spuckt der Patient in dieses Gerät, drückt einen Kolben herunter und erhält eine Stunde später eine Antwort.“

Auch für ressourcenschwache Gebiete

Getestet haben die Forscher ihr Gerät, das sie „minimally instrumented SHERLOCK“ (miSHERLOCK) nennen, bisher mit Speichelproben von 27 Covid-19-Patienten und 21 gesunden Kontrollpersonen. Dabei lieferte der Test nur jeweils ein falsch positives und ein falsch negatives Ergebnis – erkannte also 96 Prozent der Infizierten als infiziert und 95 Prozent der Gesunden als gesund. Auch Tests mit Speichelproben, denen die Forscher synthetische Virussequenzen zusetzten, lieferten ähnlich genaue Ergebnisse wie PCR-Tests. Die Herstellung des Geräts kostet derzeit etwa 15 Dollar pro Stück. Durch Massenfertigung lasse sich der Preis des Gehäuses auf etwa drei Dollar senken, meinen die Autoren. Die enzymatischen Komponenten kosten ebenfalls nur wenige Dollar und würden durch Massenproduktion preiswerter.

Aus Sicht der Autoren kann miSHERLOCK damit Ungleichheiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung ausgleichen. Da sich fast alle Teile mit Hilfe eines 3D-Druckers herstellen lassen, ist es auch in ressourcenarmen Gebieten leicht verfügbar. „Die Motivation unseres Teams für dieses Projekt war es, Engpässe zu beseitigen und eine genaue Diagnostik für Covid-19 bereitzustellen, ohne auf globale Lieferketten angewiesen zu sein, und auch die Varianten, die gerade auftauchen, genau zu erkennen“, sagt Lee. Aktuell streben die Forscher eine Zulassung des Diagnostikums durch die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA an und suchen nach Industriepartnern, die miSHERLOCK in großem Maßstab produzieren.

Quelle: Helena de Puig (Harvard University, Boston) et al., Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.abh2944
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