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Sensorkapsel zeigt Bewegungsstörungen des Darms

Gesundheit|Medizin

Sensorkapsel zeigt Bewegungsstörungen des Darms
Sensorkapsel
Diese Kapsel mit integriertem Magnetsensor kann Verdauungsstörungen diagnostizieren helfen. © MIT

Rund ein Drittel aller Menschen weltweit leidet unter Bewegungsstörungen des Verdauungstrakts – bei ihnen wird der Nahrungsbrei zu schnell oder zu langsam durch Magen und Darm bewegt. Um solche Störungen künftig leichter diagnostizieren zu können, haben Forscher nun eine spezielle Sensorkapsel entwickelt. Sie wird geschluckt und kann ihre genaue Position mithilfe eines externen Magnetfelds messen. Die an ein Smartphone gefunkten Daten verraten dann, wo es im Verdauungstrakt stockt oder wo die Peristaltik krankhaft verändert ist. In Schweinen hat das System bereits gut funktioniert. Bestätigt sich dies beim Menschen, könnte dies die Diagnose von Reizdarm, Magenlähmung, chronischer Verstopfung und anderen Bewegungsstörungen erleichtern.

Bei Bewegungsstörungen des Verdauungstrakts ist die normale Peristaltik des Magens oder Darms gestört. Das kann zu chronischen Verstopfungen, Koliken und ständigem Erbrechen führen. Manchmal hemmen auch Entzündungen und Blockaden den Transport des Speisebreis oder führen zu einer nicht kontrollierbaren Darmtätigkeit wie bei Morbus Crohn oder einer Stuhlinkontinenz. Den Ursprung dieser Leiden zu diagnostizieren, ist allerdings manchmal langwierig und aufwendig. Meist müssen die Patienten dafür Kontrastmittel schlucken und sich Röntgen- oder Kernspintomografien unterziehen. In einigen Fällen werden auch Katheter mit Drucksensoren eingesetzt, um die Peristaltik zu überprüfen. “Besser wäre es, wenn die Überwachung der Verdauungstätigkeit unter Alltagsbedingungen stattfinden kann, durch nichtinvasive, mobile Methoden, die für den Patienten weniger beschwerlich sind”, erklären Saransh Sharma vom California Institute of Technology und seine Kollegen.

Magnetfeld als Ortungshilfe

Eine Möglichkeit für solche Untersuchungen sind Sensor- und Videokapseln zum Schlucken. Sie übermitteln Bilder und Messdaten direkt aus dem Magen und Darm und können so Anhaltspunkte über den Zustand des Verdauungstrakts geben. Solche Kapseln verraten bisher aber nicht, wo im Magen oder Darm sie genau sind. Außerdem übertragen sie maximal zwölf Stunden lang – zu kurz für eine komplette Passage. Bewegungsstörungen lassen sich daher mit ihnen kaum erkennen. Um dies zu ändern, haben Sharma und sein Team nun eine Sensorpille entwickelt, die ihre Position im Magen und Darm auf fünf bis zehn Millimeter genau orten kann. Möglich wird dies durch einen in der Kapsel steckenden Magnetfeldsensor in Verbindung mit einem externen Magnetfeld. Dieses wird von einer Magnetspule erzeugt, die in einem Rucksack untergebracht, aber auch an einem Stuhl aufgehängt oder unter das Bettlaken gelegt werden kann.

Wenn nun die iMAG getaufte Sensorkapsel nach dem Verschlucken durch den Verdauungstrakt wandert, misst sie die Magnetfeldstärke um sich herum. Durch Abgleich mit einem außen auf die Haut geklebten zweiten Sensor kann das System daraus die Position der Kapsel ermitteln. “Der externe Referenzsensor ist wichtig, weil der Mensch ja nicht immer exakt den gleichen Abstand zur tragbaren Magnetspule hat”, erklärt Co-Autor Khalil Ramadi von der New York University. “Ohne die Referenz ist es daher schwer, die genaue Position der Kapsel genau zu ermitteln.” Die vom kleinen Sensor gemessenen Magnetdaten werden über ein ebenfalls in die Kapsel integriertes Funkmodul an ein Smartphone oder anderen Empfänger gesendet und dort gemeinsam mit den Daten des Referenzsensors verarbeitet.

Test im Schwein erfolgreich

Wie gut dieses System funktioniert, haben Sharma und sein Team bereits bei lebenden Schweinen ausprobiert, deren Verdauungssystem unserem in vielem ähnelt. Während die verschluckte Sensorkapsel über mehrere Tage hinweg durch den Magen und Darm des Tieres wanderte, konnte das Forschungsteam ihre Position bis auf fünf bis zehn Millimeter genau mitverfolgen. Die Tests erlaubten es auch bereits, Anomalien wie eine Kot-Inkontinenz anhand der Kapselbewegungen zu diagnostizieren. Die Sensorkapsel eignete sich zudem dafür, die gewundenen Schlingen des Darms zu kartieren: “Die erfolgreiche Rekonstruktion der Darmanatomie zeigt, dass die Kapsel auch komplexe und kurvenreiche Wege durch den Verdauungstrakt nachzeichnen kann”, berichten Sharma und sein Team. “Diese sind durch andere bildgebende Verfahren wie Röntgen oder Computertomografie oft schwer darstellbar.”

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Nach Ansicht der Wissenschaftler eröffnet die Sensorkapsel damit neue Möglichkeiten, Bewegungs- und Passagestörungen des Verdauungstrakts zu diagnostizieren. “Eine quantitative Messung der Transitzeiten im Magen und Darm ist essenziell, um Krankheitsbilder wie Magenlähmung, Reizmagen, Morbus Crohn, Reflux, chronische Verstopfung oder Stuhlinkontinenz zu diagnostizieren und zu behandeln”, erklären Sharma und seine Kollegen. “Die millimetergenauen Echtzeit-Messwerte der iMAG-Kapsel könnten daher von erheblicher klinischer Bedeutung sein.” Als nächste Schritte sind nun noch weitere Tests an Schweinen und anderen großen Säugetieren geplant, bevor dann eine erste klinische Studie beim Menschen stattfinden kann.

Quelle: Saransh Sharma (California Institute of Technology, Pasadena) et al., Nature Electronics, doi: 10.1038/s41928-023-00916-0

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