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RISKANT: CHOLESTERIN- SENKER AUFS BROT

Gesellschaft|Psychologie Gesundheit|Medizin

RISKANT: CHOLESTERIN- SENKER AUFS BROT

Funktionelle Nahrungsmittel haben sich in den Supermarktregalen längst etabliert: abwehrstärkende Joghurts oder cholesterinsenkende Margarine – jeder dritte Deutsche greift ohne Bedenken zu. Doch sind die neuartigen Renner aus den Lebensmittellabors wirklich gesund und unbedenklich? Starke Zweifel hegen Oliver Weingärtner und Ulrich Laufs, Kardiologen an der Universitätsklinik des Saarlandes in Homburg.

Gemeinsam mit Kollegen haben sie die sogenannten Phytosterole genauer unter die Lupe genommen. Diese pflanzlichen Verbindungen sind dem Cholesterin chemisch sehr ähnlich und blockieren dessen Aufnahme im Darm. Seit 2000 ist in Deutschland eine Margarinesorte auf dem Markt, die pro 10-Gramm-Portion 0,75 Gramm Phytosterol enthält. Auch ein entsprechend angereicherter Trinkjoghurt ist erhältlich. Ulrich Laufs: „Damit kann man tatsächlich eine leichte Absenkung des Cholesterinspiegels erreichen. Aber unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Phytosterole möglicherweise auch gesundheitsschädliche Effekte haben.” So zeigten sich bei Mäusen, die die Homburger Forscher mit den Pflanzenstoffen fütterten, starke Ablagerungen (Arteriosklerose-Plaques) in den Gefäßwänden. Dadurch alarmiert, untersuchten die Wissenschaftler Blut und Gewebe von 82 Patienten, die in ihrer Klinik eine neue Herzklappe eingesetzt bekommen hatten. Zehn dieser Patienten hatten mindestens zwei Jahre lang regelmäßig die Phytosterol-Margarine gegessen. Bei ihnen fanden sich tatsächlich die höchsten Konzentrationen der pflanzlichen Stoffe im Blut – und in Form von Ablagerungen in den entnommenen Herzklappen. „Dass die Phytosterole in so hohem Maße ins Gewebe eingelagert werden, hat uns überrascht”, erklärt Laufs.

Das bedeutet zwar noch nicht, dass diese Stoffe die Gefäße schädigen. Um das herauszufinden, wären größere und über viele Jahre laufende Studien nötig. Doch es gibt Hinweise auf ein mögliches Risiko. So geht eine Erbkrankheit mit ständig erhöhten Phytosterolwerten im Blut einher. Die Betroffenen erkranken bereits in jungen Jahren an Arteriosklerose und sterben oft an einem Herzinfarkt.

Und wie steht es mit dem Nutzen? Nach Aussage der Homburger gibt es keinerlei Untersuchungen darüber, ob die cholesterinsenkende Margarine tatsächlich das Leben verlängert oder auch nur einen Herzinfarkt verhindern kann. Ulrich Laufs fordert: „Bei Medikamenten müssen diese Fragen vor der Zulassung geklärt werden. Nur wenn der Nutzen das Risiko übersteigt, kommen sie tatsächlich auf den Markt. Im weniger strikten Lebensmittelrecht, das für die funktionellen Lebensmittel greift, sind solche Sicherheitsuntersuchungen jedoch nicht vorgesehen.” Für ihn ist es daher viel zu früh, einen dauerhaften Verzehr solcher Lebensmittel zu empfehlen.

Immerhin gibt es eine Reihe von einfachen Maßnahmen, mit denen sich hohe Cholesterinwerte weniger riskant senken lassen: mehr Sport, mehr Ballaststoffe im Essen und anstelle von gesättigten tierischen Fetten mehr pflanzliche Öle. Dr. Ulrich Fricke

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DFG-Forschungsprojekt „Lipide und Phytosterole”: www.lipidnet.de Informationen zu Cholesterin und Arteriosklerose: www.lipid-liga.de

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Daniel Green, Catherine Collins GENUSSVOLL KOCHEN – CHOLESTERIN SENKEN Knaur, München 2007, € 14,95

KONTAKT

Prof. Ulrich Laufs, Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Innere Medizin III, Kirrberger Straße, 66421 Homburg/Saar www.uniklinikum-saarland.de/de/einrichtungen/kliniken_institute/kardiologie

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