Wer nach einer Covid-19-Erkrankung aus dem Krankenhaus entlassen wird, ist oft noch lange nicht gesund. Forscher haben nun erhoben, wie oft und aus welchen Gründen Covid-19-Patienten nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus erneut aufgenommen werden müssen oder sterben. Demnach ist das Rückfallrisiko innerhalb der ersten zehn Tage nach der Entlassung am höchsten – höher als bei Patienten, die im gleichen Zeitraum wegen Herzinsuffizienz oder Lungenentzündung behandelt wurden.
Eine Covid-19-Infektion zieht bei manchen Menschen langwierige Folgeerkrankungen nach sich. Betroffene leiden beispielsweise unter Atemnot, Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Brustschmerzen. Die Entlassung aus dem Krankenhaus bedeutet oft nicht, dass die Betroffenen vollständig genesen sind. Bislang gibt es allerdings nur wenige Daten zum Langzeitverlauf von Patienten, die mit Covid-19 im Krankenhaus behandelt wurden.
Gefährliche Nachwirkungen
Ein Team um John Donnelly von der University of Michigan hat nun ausgewertet, welcher Anteil der Covid-19-Patienten innerhalb von zwei Monaten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus erneut aufgenommen werden muss oder stirbt. Dazu nutzten die Forscher Daten von 132 Krankenhäusern für amerikanische Veteranen. Von 2179 Covid-19-Patienten, die zwischen dem 1. März und dem 1. Juni 2020 in einem dieser Krankenhäuser behandelt wurden, überlebten 1775 und konnten wieder nach Hause. Innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Entlassung kamen 354 von ihnen erneut ins Krankenhaus (19,9 Prozent) und 162 starben (9,1 Prozent) – entweder mit oder ohne weitere Hospitalisierung. Insgesamt erlitten 27 Prozent der Patienten innerhalb der ersten zwei Monate Rückfälle, die zu erneuter Krankenhauseinweisung oder zum Tod führten.
Die häufigsten Ursachen dafür waren bei knapp einem Drittel erneute Gesundheitsprobleme mit Covid-19, bei 8,5 Prozent entwickelte sich eine Sepsis, bei jeweils 3,1 Prozent eine Lungenentzündung oder ein Herzversagen. 22,6 Prozent der erneut Aufgenommenen mussten wegen ihrer Beschwerden auf der Intensivstation behandelt werden. Der größte Risikofaktor für solche Komplikationen ist den Forschern zufolge das Alter: Sowohl erneute Hospitalisierungen als auch Todesfälle nach der Entlassung kamen am häufigsten bei Menschen über 65 Jahre vor.
Erhöhtes Risiko innerhalb der ersten zehn Tage
Zum Vergleich erhoben Donnelly und Kollegen auch die Daten von Veteranen mit ähnlicher Altersstruktur, die im gleichen Zeitraum wegen Herzinsuffizienz oder einer nicht mit Covid-19 zusammenhängenden Lungenentzündung behandelt wurden. Bezogen auf zwei Monate nach ihrer Krankenhausentlassung hatten diese Personen ein höheres Risiko als Covid-19-Patienten, erneut ins Krankenhaus zu müssen oder zu sterben. Doch innerhalb der ersten zehn Tage nach der Entlassung waren die Covid-19-Patienten diejenigen, die am häufigsten wiederaufgenommen werden mussten oder starben.
„Die ersten ein bis zwei Wochen nach der Entlassung sind eine riskante Periode für alle Patienten“, sagt Donnelly. „Aber beim Vergleich der langfristigen Verläufe von Covid-19-Patienten und anderen schwer kranken Patienten haben wir festgestellt, dass das Risiko bei Covid-19-Patienten sogar noch höher ist als üblich.“ Donnelly zufolge weisen die Ergebnisse auf einen akuten Handlungsbedarf hin, um die Patienten angesichts des hohen Risikos besser zu betreuen: „Wie können wir bessere Entlassungspläne für diese Patienten entwerfen? Wie können wir unsere Kommunikation und die Versorgung nach dem Krankenhaus an ihre Bedürfnisse anpassen? Und wie können wir ihren Betreuern helfen, sich vorzubereiten und mit der Situation zurechtzukommen?”
Weitere Erhebungen geplant
Donnellys Kollege Theodore Iwashyna ergänzt: „Leider zeigt unsere Studie einmal mehr, dass man nach einer überstandenen Covid-19-Erkrankung nicht einfach gesund ist. Für viele Patienten verursacht Covid-19 eine Reihe von Problemen, die genauso schwerwiegend sind wie bei anderen ernsthaften Erkrankungen. Aber unser Gesundheitssystem und die Forschung sind zu wenig darauf ausgelegt, diesen Patienten über Tage, Wochen und Monate zu helfen, sich von Covid-19 zu erholen.“
Begrenzt ist die Aussagekraft der Studie dadurch, dass sie nur Veteranen einbezog, von denen 95 Prozent männlich waren. Die Forscher wählten diese Daten, da diese am schnellsten zur Verfügung standen. „Es ist wahrscheinlich, dass sich im privaten Gesundheitssektor ein sehr ähnliches Bild zeigt“, meint Iwashyna. In zukünftigen Studien wollen die Forscher sowohl Daten aus anderen Krankenhäusern einbeziehen als auch Vergleiche zu anderen Krankheiten ziehen. Angesichts der verbreiteten Falschbehauptung, Covid-19 sei nicht gefährlicher als eine Grippe, wollen sie beispielsweise Daten dazu liefern, wie sich der Langzeitverlauf von Patienten mit Covid-19 und Grippe unterscheidet.
Quelle: John Donnelly (University of Michigan) et al., JAMA, doi: 10.1001/jama.2020.21465