Viele Krankheitserreger sind enorm anpassungsfähig. Dank dieser hohen Wandelbarkeit können Bakterien und Co immer wieder Resistenzen gegen gängige Medikamente entwickeln – und die Behandlung so bedeutend erschweren. Auch beim Erreger der Malaria werden Resistenzen zunehmend zum Problem. Wie Genanalysen nun enthüllen, breitet sich in Südostasien seit einigen Jahren ein Stamm des Blutparasiten aus, gegen den das Standardmittel DHA-PPQ nicht mehr wirkt. Demnach haben sich die resistenten Parasiten von Kambodscha aus nach Laos, Vietnam und Thailand verbreitet und immer neue, gefährliche Mutationen entwickelt.
Malaria ist nach wie vor eine der schlimmsten Plagen der Menschheit. Der Erreger der Krankheit, der Blutparasit Plasmodium falciparum, wird durch Stechmücken übertragen und kommt hauptsächlich in den Tropen und Subtropen vor. Dort infizierte er nach Schätzungen der Weltgesundheitsorgan (WHO) allein im Jahr 2017 etwa 220 Millionen Menschen und kostete 400.000 das Leben. Eigentlich kann eine Malariaerkrankung mithilfe spezieller Medikamente gut behandelt werden, wenn sie rechtzeitig erkannt wird. Es gibt jedoch zwei wesentliche Probleme: In vielen Regionen der Welt haben Patienten nicht immer ohne Weiteres Zugang zur Gesundheitsversorgung. Außerdem erschweren in letzter Zeit Resistenzen die Behandlung. Immer mehr Malaria-Erreger werden gegen gängige Medikamente immun – manche von ihnen entwickeln sogar gegen gleich mehrere Antimalaria-Wirkstoffe Resistenzen.
Startpunkt Kambodscha
In Kambodscha hat sich seit 2007 zum Beispiel ein spezieller Malariastamm ausgebreitet, bei dem die beiden Wirkstoffe Dihydroartemisinin und Piperaquin nicht mehr optimal wirken. Beide Mittel gehören in Form des Kombinationspräparats DHA-PPQ in vielen Regionen Asiens zur Standardbehandlung gegen Malaria. Die bedenkliche Verbreitung des resistenten KEL1/PLA1 genannten Stammes wurde in Kambodscha jedoch zunächst nicht bemerkt, wie William Hamilton Wellcome Sanger Institute in Hinxton und seine Kollegen erklären. Umso wichtiger schien es, den Erreger und seine weitere Entwicklung im Auge zu behalten: Würde sich der resistente Blutparasit auch in den Nachbarländern Kambodschas ausbreiten?
Um dies herauszufinden, haben die Forscher nun Blutproben von Malaria-Patienten aus Südostasien analysiert, die aus dem Zeitraum zwischen 2008 und 2018 stammen. Insgesamt isolierten sie dabei 1673 Plasmodium-falciparum-Erreger und analysierten deren DNA. Das besorgniserregende Ergebnis: Offenbar hat sich die Situation in den letzten Jahren deutlich verschärft. So hat sich der resistente KEL1/PLA1-Stamm seit 2013 in mehreren Ländern ausgebreitet. In manchen Regionen war er für mehr als 80 Prozent der für die Studie untersuchten Malaria-Fälle verantwortlich. “Die multiresistenten KEL1/PLA1-Parasiten haben sich aggressiv verbreitet, lokale Malaria-Stämme verdrängt und sind in Vietnam, Laos und dem Nordosten Thailands zum dominierenden Stamm geworden”, berichtet Hamiltons Kollege Roberto Amato.
Neue Mutationen
Doch die resistenten Malaria-Erreger haben nicht nur geographisch an Land gewonnen, sondern sich im Zuge ihrer Ausbreitung auch weiter verändert – und dadurch immer besser gegen DHA-PPQ gewappnet. So gibt es den Analysen zufolge inzwischen mehrere Untergruppen des ursprünglichen Stammes. Diese verfügen zum Teil über neue Mutationen im sogenannten PfCRT-Gen und treten seit 2016 gehäuft auf. Bei Erregern mit diesen Mutationen versagt die Behandlung mit dem Antimalaria-Präparat vollständig, wie die Wissenschaftler berichten. Dies zeige, dass sich die Resistenz nicht nur ausgebreitet, sondern auch verschlimmert habe.
“Die Geschwindigkeit, mit der sich die resistenten Erreger in Südostasien verbreitet und weiterentwickelt haben, ist beunruhigend”, konstatiert Olivio Miotto vom Wellcome Sanger Institute. Nach Einschätzung der Forscher können die “Problem-Erreger” bisher zwar noch mit alternativen Medikamenten behandelt werden. Trotzdem seien schnell wirksame Maßnahmen nötig: “Wir müssen die Parasiten aus den betroffenen Regionen eliminieren, um zu verhindern, dass sie sich international ausbreiten und immer weiter anpassen”, so Miotto. Genomische Überwachungsprogramme seien in diesem Zusammenhang ein wichtiges Instrument, um einen globalen Ausbruch zu verhindern, resümieren die Wissenschaftler.
Quelle: William Hamilton (Wellcome Sanger Institute, Hinxton) et al., The Lancet Infectious Diseases, doi: 10.1016/S1473-3099(19)30392-5