Es gibt über 100.000 Restaurants und Schankwirtschaften in Deutschland. Auf welche Kriterien haben die Slow-Food-Mitglieder denn geachtet?
Sie empfehlen Wirtshäuser, die ein freundliches Ambiente haben, in denen es schmeckt und der Service stimmt. Das sind die Grundvoraussetzungen. Aber darüber hinaus spielen Nachhaltigkeit und Bio-Produkte eine Rolle. Unsere Tester achten darauf, dass noch richtig gekocht wird und keine Knödel aus der Tüte ins Wasser kommen, damit der Koch schon fünf Minuten später rufen kann: “Resi, die Knödel für Tisch eins sind fertig!” Es geht sowohl um Fleisch aus artgerechter Tierhaltung als auch darum, dass die Wirte auf chemische Helferlein und Geschmacksverstärker verzichten. Vor allem sollen Regionalität und die Jahreszeiten den Takt angeben. Erdbeeren an Weihnachten wird man bei unseren Empfehlungen genauso wenig finden wie das ganze Jahr über Spargel.
Eignen die sich auch für Familien? Kinder wollen doch sowieso meist nur Pizza oder Pommes.
Ein guter Wirt kümmert sich auch um die kleinsten Gäste. Und Nudeln, die Kinder immer gerne essen, gibt es in den meisten Wirtshäusern. Spezielle Kinderangebote waren bei der Auswahl zwar keine harten Kriterien, aber die Freundlichkeit der Mitarbeiter war wichtig. Die Mehrzahl unserer Häuser sind Familienbetriebe. Die wissen ganz genau, wie man Kinder glücklich machen kann.
Waren Sie selbst auch Probeessen?
Ich habe jetzt innerhalb kurzer Zeit ein halbes Dutzend Gasthäuser besucht und war da sehr zufrieden. Man darf keine Vulkanausbrüche auf dem Teller erwarten. Aber man kann sich auf eine gute Küche und eine angenehme Atmosphäre verlassen.
Was raten Sie unseren Lesern, wenn sie den Genussführer nutzen wollen?
Erstmal sollten sie die Gasthäuser in der eigenen Umgebung testen. Bei Ausflügen oder in den Ferien darf der Genussführer nicht fehlen, damit man weiß, was auf der Strecke liegt. Die Karten helfen, die Empfehlungen der Reihe nach durchzuprobieren. Das ist ein kleines kulinarisches Abenteuer.
Das Gespräch führte Horst Hamm.
Slow Food Deutschland (Hrsg): Genussführer Deutschland 2014, oekom München, 336 Seiten, 19,95 Euro
Zum Redakteur des Buchs:
Der renommierte Umweltjournalist Manfred Kriener hat ein Jahrzehnt lang den Hammer des Monats in unserem Heft geschrieben. Als ehemaliger Chefredakteur des Slow-Food-Magazins (2001-2006) ist er auch ein Streiter für eine gute Bio-Küche.
Fotos: privat; mm-thalheim.de