Wenigstens in Nichtraucherbereichen ist man vor Zigarettenqualm sicher, könnte man meinen. Doch wie nun eine Studie in einem Kino verdeutlicht, raucht man auch dort mit: Raucher tragen schädliche Substanzen aus Zigarettenqualm an ihrem Körper mit sich und setzte sie in Nichtraucherbereichen frei. Die Qualität der Raumluft wird dadurch möglicherweise erheblich beeinträchtigt, sagen die Forscher.
Rauchen nur noch vor der Tür! Um Menschen vor dem nachweislich schädlichen Effekt des Passivrauchens zu schützen, ist das Rauchen in öffentlichen Bereichen mittlerweile streng verboten. Um sich bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen eine Dosis Nikotin zu verpassen, genießen Raucher deshalb in Raucherbereichen ihre Zigaretten. Wer eine feine Nase hat, kann dies bei ihrer Rückkehr riechen – sie tragen mitunter wahrnehmbar Rauch-Geruch mit sich. Inwieweit dieser Effekt eine Bedeutung für die Belastung der Luft in Nichtraucherbreichen hat, haben nun Forscher aus Deutschland und den USA untersucht.
Belastete Luft im Kino
Die Forscher führten ihre Studie in einem Kinosaal durch, in dem noch keine Zigarette angezündet worden ist. Durch ein hochauflösendes Massenspektrometer erfassten sie dort die Veränderungen der Konzentrationen von verschiedenen Verbindungen, die mit Tabakrauch verknüpft sein können. In dem Kinosaal fanden im Verlauf von vier Tagen verschieden Vorstellungen statt: Nachmittags gab es Kinderfilme mit einem entsprechend jungen Publikum – am Abend standen dann Filme für Erwachsene auf dem Programm.
„Bei den Tests unter diesen Alltags-typischen Bedingungen zeichnete sich deutlich ab, dass Personen, die zuvor Tabakrauch ausgesetzt waren, beim Betreten eines zuvor strikt rauchfreien Raums potenziell gefährliche Substanzen abgaben“, sagt Co-Autor Drew Gentner von der Yale Universität. Neben Nikotin konnten die Wissenschaftler weitere Substanzen in der Raumluft nachweisen, die aus Zigarettenrauch stammen und ein gesundheitsschädliches Potenzial aufweisen. Darunter waren Verbindungen wie Acrolein, Formaldehyd, Benzol oder Acetonitril.
„Wir gehen davon aus, dass die Kinobesucher die Zigarettenrauchrückstände mit ihrer Kleidung und ihrem Körper in den geschlossenen Raum transportiert haben“, sagt Co-Autor Jonathan Williams vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz. Dieser Effekt wurde beim Vergleich der unterschiedlichen Kinovorstellungen deutlich: Besonders stark stieg die Belastung bei den abendlichen Vorstellungen für Erwachsene an, denn der Prozentsatz an Rauchern war im Vergleich zu den Kinder-Vorstellungen höher, erklären die Wissenschaftler.
Unerhebliche Spuren?
Die Menge der gefährlichen Substanzen sei nicht vernachlässigbar, sagen die Forscher. Die Besucher des Kinoraumes waren einer Belastung ausgesetzt, die der einer passiven Konfrontation mit Rauch von ein bis zehn Zigaretten entsprach. Wie die Forscher berichten, erreichten die Luftkonzentrationen ihren Höhepunkt bei der Ankunft des Publikums und nahmen im Laufe der Zeit ab. Sie verschwanden jedoch nicht ganz – selbst nach dem Verlassen des Publikums waren sie nachweisbar. Diese anhaltende Belastung führen die Forscher darauf zurück, dass Flächen und die Raumeinrichtung die Substanzen absorbieren und später erneut freisetzen.
„Die Vorstellung, dass man als Nichtraucher in einem rauchfreien Raum vor Passivrauchen geschützt wäre, ist ein Trugschluss“, resümiert Gentner das Ergebnis der Studie. Er und seine Kollegen betonen in diesem Zusammenhang, dass es sich bei dem Kinosaal um einen vergleichsweise gut belüfteten und großen Raum gehandelt hat. In öffentlichen Verkehrsmitteln, Bars, Büros und Wohnungen würden die indirekten Rauchemissionen hingegen wahrscheinlich zu erheblich höheren Konzentrationen vieler der problematischen Verbindungen führen, sagen die Forscher.
Im Rahmen der Studie berücksichtigten sie auch die möglichen Auswirkungen von E-Zigaretten. “Als Quelle für viele Verbindungen, die wir festgestellt haben, kommen sie zwar eher nicht in Frage. Die Nikotinbelastungen könnten allerdings durchaus aus E-Zigaretten stammen“, sagt Gentner. Deshalb wollen sich er und seine Kollegen nun auch in weiteren Untersuchungen der möglichen Bedeutung dieser Art des Rauchens für die indirekte Raumluftbelastung widmen.
Quelle: Yale University, Max-Planck-Institut für Chemie, Fachartikel: Science Advances, doi: 10/eaay4109