Verhütung ist auch heute noch häufig Frauensache – und das kann mitunter lästig sein. Forscher haben nun allerdings ein Pflaster entwickelt, das diese Aufgabe künftig deutlich erleichtern könnte. Ihr Verhütungspflaster bringt Hormone mithilfe winziger Mikronadeln unter die Haut und setzt sie dort nach und nach frei. Der Vorteil der Methode: Sie wirkt langfristig, kommt ohne unangenehme Eingriffe beim Arzt aus und kann von jedem Laien problemlos angewendet werden.
Die meisten Deutschen verhüten mit Pille und Kondom. Doch der Markt der Verhütungsmittel hat vor allem für Frauen noch einige Alternativen zu bieten – darunter Langzeitkontrazeptiva wie die Drei-Monats-Spritze, Hormonimplantate oder die Hormonspirale. Solche Methoden zur Empfängnisverhütung haben einen entscheidenden Vorteil: Sie wirken über mehrere Monate bis Jahre hinweg und eignen sich aus diesem Grund zum Beispiel für Frauen, die die tägliche Einnahme der Antibaby-Pille häufig vergessen. Für viele Frauen kommt die Verhütung mit Spirale und Co allerdings trotzdem nicht in Frage. Sie scheuen den Besuch beim Arzt und den womöglich unangenehmen Eingriff, der damit verbunden ist.
Einfach anzuwenden
Dieses Problem könnten Wei Li vom Georgia Institute of Technology in Atlanta und seine Kollegen nun gelöst haben: Sie haben eine langfristig wirkende Verhütungstechnik entwickelt, die jeder Laie selbst anwenden kann. Der Clou: Statt über eine in die Gebärmutter eingesetzte Spirale oder eine schmerzhafte Spritze wird mithilfe eines Pflasters verhütet. In diesem sind winzige Mikronadeln aus biologisch abbaubaren Polymeren integriert, die das Gestagen Levonorgestrel enthalten. Wird das Pflaster aufgebracht, dringen die kleinen Nadeln schmerzfrei in die Haut ein und setzen das Verhütungshormon dort nach und nach frei – bis sie sich schließlich auflösen.
Um eine kontinuierliche Freigabe des Levonorgestrels zu gewährleisten, ist es noch nicht einmal nötig, das Pflaster lange zu tragen. Es kann bereits nach wenigen Sekunden wieder abgezogen werden, wie die Forscher berichten. Der Grund: Sie haben die Mikronadeln so konzipiert, dass sie sich leicht vom Pflaster lösen. Dank einer eingebauten strukturellen Schwäche in Form von Luftbläschen zwischen Nadeln und Pflasterrückseite brechen die Mikronadeln bereits ab, wenn das Pflaster auf der Haut verschoben wird. Sie verbleiben danach im Körper, während das Pflaster selbst im Müll entsorgt werden kann.
Erfolgreiche Hormonabgabe
Soweit die Theorie – doch wie gut funktioniert die hormonelle Verhütung mit dem Pflaster tatsächlich? Dies testeten die Wissenschaftler in Versuchen mit Ratten. Das vielversprechende Ergebnis: Ein einmaliges Aufbringen des Pflasters sorgte dafür, dass der Levonorgestrel-Spiegel im Blut der Tiere mehr als einen Monat lang hoch genug war, um eine Schwangerschaft theoretisch zu verhindern. Für die Anwendung beim Menschen ist das in der Studie untersuchte Pflaster mit rund 100 Mikronadeln zwar zu klein. Wie Weis Team berichtet, haben sie jedoch bereits eine größere Variante entwickelt, die entsprechend große Hormonmengen aufnehmen kann und möglicherweise sogar nur alle sechs Monate neu angewendet werden muss.
“Das Interesse an neuen Optionen für die Langzeitverhütung ist groß”, sagt Koautor Mark Prausnitz. “Wir wollen Frauen mit unserem Pflaster die Möglichkeit geben, solche Formen der Verhütung selbst anzuwenden.” Wird das Verhütungspflaster für die Praxis zugelassen, könnte das das Leben vieler Frauen leichter machen – auch und besonders in Regionen, in denen die medizinische Infrastruktur mangelhaft und ein Arzt nur selten erreichbar ist. “Wir gehen davon aus, dass unser Pflaster kostengünstig genug sein wird, um es sogar in Entwicklungsländern zum Einsatz zu bringen”, betont Prausnitz.
Quelle: Wei Li (Georgia Institute of Technology, Atlanta) et al., Nature Biomedical Engineering, doi: 10.1038/s41551-018-0337-4