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Neue Einblicke in die Genetik der Körpergröße

Assoziationsstudie

Neue Einblicke in die Genetik der Körpergröße
Die Körpergröße von Menschen kann durch erstaunlich viele genetische Varianten beeinflusst werden. © peterschreiber.media/iStock

Warum wachsen manche Menschen zu Riesen heran, während andere nur bescheidene Ausmaße erreichen? Welche genetischen Faktoren hinter dem Größenwachstum stecken, haben Forscher nun im Rahmen der bisher größten genomweiten Assoziationsstudie weiter aufgedeckt. Dabei wurde die hochkomplexe Grundlage dieses Merkmals erneut deutlich: Das Team hat mehr als 12.000 genetische Varianten identifiziert, die mit der menschlichen Körpergröße verbunden sind. Die Ergebnisse könnten zum Verständnis von Wachstumsstörungen beitragen. Zudem kann die Studie zu weiteren Untersuchungen von Merkmalen und Erkrankungen mit komplexen genetischen Grundlagen anregen, sagen die Wissenschaftler.

Veranlagungssache! Viele Eigenschaften eines Menschen sind von Geburt an vorprogrammiert – sie basieren auf bestimmten genetischen Faktoren, die vererbt werden. Dabei gibt es Merkmale, die auf einzelnen oder nur wenigen Besonderheiten im Erbgut beruhen. Andere werden hingegen von einem Sammelsurium an unterschiedlichen genetischen Variationen geprägt. Bei der menschlichen Körpergröße ist dies besonders ausgeprägt der Fall, wie frühere Studien gezeigt haben. Dabei wurden bereits viele genetische Varianten identifiziert, die mit den Unterschieden der Körpergröße von Menschen verknüpft sind. Doch es zeichnete sich ab, dass das tatsächliche Ausmaß möglicher genetischer Einflussfaktoren noch weit größer ist.

Enormer Studienumfang

Nun präsentiert ein internationales Forscherteam die bisher umfangreichste Studie zu dem Thema. Während die bisher größte genomweite Körpergrößen-Assoziationsstudie auf einer Stichprobengröße von rund 700.000 Personen basierte, umfasst die aktuelle Untersuchung nun Erbgutanalysen von mehr als fünf Millionen Menschen. Es handelte sich dabei zu 76 Prozent um Personen mit überwiegend europäischer Abstammung, etwa eine Million besaß hingegen einen afrikanischen, ostasiatischen, hispanischen oder südasiatischen Abstammungshintergrund. Von allen Studienteilnehmern waren neben den genetischen Informationen die Körpergrößen bekannt. Damit war eine sogenannte Genotypisierung möglich, auf der Assoziationsstudien basieren: Die Wissenschaftler konnten durch statistische Verfahren die Verbindung von genetischen Besonderheiten mit den unterschiedlichen Körpergrößen aufzeigen.

Auf diese Weise identifizierten sie nun 12.111 Genvarianten, die mit der Körpergröße verbunden sind. Als sie deren Positionen im Erbgut untersuchten, stellten sie fest, dass sie besonders häufig in der Nähe von genetischen Bereichen angesiedelt sind, von denen bereits bekannt ist, dass sie mit Wachstumsstörungen in Zusammenhang stehen. Die Wissenschaftler nehmen an, dass die entdeckten Variationen nun einen großen Teil aller mit der Körpergröße assoziierten Varianten ausmachen, insbesondere in den Populationen mit europäischer Abstammung. Konkret erklären sie bei ihnen wohl etwa 40 Prozent der Unterschiede in den Körpergrößen. Bei den Menschen mit nicht-europäischem Hintergrund gibt es hingegen aufgrund des geringeren Datenumfangs wohl noch vergleichsweise viele unentdeckte Variationen, sagen die Forscher.

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Dass die Studie mehr als eine Million Menschen nicht-europäischer Abstammung umfasste, war bereits mehr als sonst bei genetischen Studien üblich – dennoch besteht bei diesem Aspekt Verbesserungsbedarf, sagen die Wissenschaftler. “Dies ist zwar ein Erfolg, aber die Daten sind immer noch zu sehr auf Menschen europäischer Abstammung ausgerichtet, ein bekanntes Problem bei genetischen Studien”, sagt Erst-Autor Loic Yengo von der University of Queensland in Brisbane.

Was die Einblicke bringen könnten

Wie die Forscher erklären, besitzen die neuen Einblicke in die Genetik des Größenwachstums auch eine Bedeutung, die über die Grundlagenforschung hinausgeht: Denn durch die neuen Ergebnisse kann das genetische Profil eines Menschen wiederum Hinweise auf seine Körpergröße liefern. Die Informationen könnten somit auch helfen, nicht auf der Genetik basierende Faktoren zu untersuchen, die ebenfalls die Größe beeinflussen. Konkret: Es könnte möglich werden, Menschen zu identifizieren, die ihre genetisch vorhergesagte Größe nicht erreichen, was bei der Diagnose versteckter Krankheiten oder Beeinträchtigungen helfen könnte, die ihr Wachstum hemmen oder ihrer Gesundheit schaden. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit könnte sich in der Forensik eröffnen: Die Informationen könnten bei polizeilichen Ermittlungen verwendet werden, um anhand von DNA-Probe eines Verdächtigen an einem Tatort die Körpergröße vorherzusagen.

Die Forscher sehen in ihrer Arbeit aber auch wegweisende Bedeutung: Es wird deutlich, dass genomweite Assoziationsstudien zur Klärung der Ursachen von Merkmalen oder Erkrankungen beitragen können, die auf eine sehr breite genetische Basis zurückzuführen sind. “Genomische Studien sind revolutionär und könnten der Schlüssel zur Lösung vieler globaler Gesundheitsprobleme sein – ihr Potenzial ist ungeheuer spannend“, sagt Co-Erstautorin Eirini Marouli von der Queen Mary University of London. „Wenn wir uns auf genomischer Ebene ein klareres Bild von einem Merkmal wie der Körpergröße machen können, verfügen wir vielleicht über ein Modell, mit dem wir genbeeinflusste Krankheiten wie Herzkrankheiten oder Schizophrenie besser diagnostizieren und behandeln können“, so die Wissenschaftlerin.

Quelle: Queen Mary University of London, University of Queensland, Fachartikel: Nature, doi: Nature 10.1038/s41586-022-05275-y

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