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Medikamente gegen Migräne im Vergleichstest

Gesundheit|Medizin

Medikamente gegen Migräne im Vergleichstest
Migräne
Welche Medikamente helfen am besten gegen eine akute Migräneattacke? © peterschreiber.media/ iStock

Kopfschmerzen, Lichtempfindlichkeit, Übelkeit: Rund zehn Prozent aller Menschen in Deutschland leiden unter Migräne. Welche Medikamente am besten gegen die Schmerzattacken helfen, haben nun Forschende in einer Meta-Analyse untersucht. Insgesamt umfassten die Studien 17 verschiedene Wirkstoffe und fast 90.000 Teilnehmende. Das Ergebnis: Die Gruppe der Triptane wirken am schnellsten und effektivsten gegen die Migränekopfschmerzen – deutlich besser als neuere Medikamente, die beispielsweise am sogenannten CGRP-Rezeptor im Gehirn andocken. Gegen ein Wiederaufflammen der Schmerzen erwies sich neben den Triptanen auch das Schmerzmittel Ibuprofen als wirksam. Am schlechtesten schnitt hingegen Paracetamol ab, das kaum besser wirkte als ein Placebo.

Migräne ist eine der häufigsten Schmerzerkrankungen weltweit, mehr als eine Milliarde Meschen sind betroffen. In Deutschland leiden nach Angaben des Robert-Koch-Instituts knapp 15 Prozent der Frauen und sechs Prozent der Männer unter wiederkehrenden Migräneattacken. Typisch dafür sind einseitige, oft starke pochende Kopfschmerzen, begleitet von Übelkeit, Lichtempfindlichkeit und Erschöpfung. In einigen Fällen treten vor Beginn einer Attacke Wahrnehmungsstörungen, sogenannte Auren auf. Eine Migräneattacke kann mehrere Stunden, im Extremfall auch mehrere Tage anhalten. Bei starken Attacken sind Betroffene oft nicht mehr arbeitsfähig und ihre Lebensqualität leidet stark. Ob ein Mensch an Migräne leidet, ist zum Teil genetisch bedingt, zudem zeigen die Betroffenen auch zwischen den Attacken häufig Auffälligkeiten im Hirnstoffwechsel und der Hirnanatomie. Wie oft akute Attacken auftreten, hängt jedoch meist von zusätzlichen Faktoren wie der Ernährung, Stress oder auch den Hormonen ab.

17 Präparate aus fünf Klassen im Vergleich

Doch was hilft am besten gegen die schmerzhaften Migräneanfälle? Die meisten Betroffenen bekämpfen die Schmerzen noch immer mit klassischen Schmerzmitteln wie Ibuprofen, Acetylsalicylsäure oder Paracetamol. Doch es gibt eine ganze Reihe von Medikamenten, die spezifischer gegen die Migräne wirken. Unter ihnen sind die Triptane, die an den Serotonin-Rezeptoren im Gehirn ansetzen und sowohl die Kopfschmerzen als auch die Begleitsymptome wie Übelkeit und Reizempfindlichkeit dämpfen. Weil sie jedoch auch die Gefäße verengen, sind sie für Menschen mit Durchblutungsstörungen nur bedingt geeignet. Unter anderem deshalb wurden mit den Ditanen noch spezifischere Mittel entwickelt, die nur an einem bestimmten Serotonin-Rezeptor andocken und die Adern nicht verengen. Ebenfalls relativ neu zur Migränebehandlung zugelassen sind Medikamente, die auf eine weitere, an der Migräne beteiligte Andockstelle wirken, den CGRP-Rezeptor. Diese sogenannten Gepante hemmen die Ausschüttung eines bestimmten Peptids, das unter anderem die Hirngefäße bei Migräne erweitert und an der Entstehung der Migräneattacken beteiligt ist.

“Angesichts der breiten Palette von Medikamenten für die akute Migränebehandlung ist es für Patienten und behandelnde Ärzte wichtig zu wissen, welches die beste Wahl für die Betroffenen ist”, sagen William Karlsson vom Universitätsklinikum Kopenhagen und seine Kollegen. “Doch bisher gibt es keine Einigkeit darüber, welche Mittel aus diesen verschiedenen Wirkstoffklassen primär eingesetzt werden sollten.” Um mehr Klarheit zu schaffen, hat das Forschungsteam deshalb eine sogenannte Netzwerk-Metaanalyse durchgeführt. Bei dieser wurden 137 randomisierte und kontrollierte Studien mit insgesamt 89.445 Teilnehmenden ausgewertet, die die Wirksamkeit von 17 Medikamenten aus den verschiedenen Stoffklassen gegen ein Placebo untersucht hatten. Vergleichskriterien waren der Rückgang der Schmerzen zwei Stunden nach Einnahme sowie die Schmerzfreiheit nach 24 Stunden. Auch die Wirkung auf Begleiterscheinungen sowie die Nebenwirkungen der Arzneimittel berücksichtigte das Team.

Triptane wirken am effektivsten

Die Auswertungen ergaben: In fast allen Kriterien schnitten die Triptane am besten ab. “Eletriptan, Rizatriptan, Sumatriptan und Zolmitriptan hatten die besten Wirkungsprofile und waren effektiver als die neu vermarkteten Medikamente Lasmaditan, Rimegepant und Ubrogepant”, berichten Karlsson und seine Kollegen. Die Triptane halfen vor allem dabei, die akuten Migräneschmerzen schnell und möglichst gut zu lindern, und wirkten dabei besser als Placebos, die gängigen Schmerzmittel und die meisten neueren Präparate. Bei der Schmerzfreiheit nach 24 Stunden erwies sich neben Eletriptan auch Ibuprofen als effektiv, wie die Forschenden feststellten. Weniger wirksam ist hingegen Paracetamol: Dieses Schmerzmittel schnitt nur wenig besser ab als ein Placebo, zeigte dafür aber auch kaum Nebenwirkungen, wenn man von einer Gefahr der Leberschäden bei Überdosierung absieht.

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Deutlich stärkere Nebenwirkungen hatten dagegen zwei der neueren Wirkstoffe: Lasmaditan verursacht häufiger Schwindel, Müdigkeit und Empfindungsstörungen, die US-Arzneimittelbehörde FDA rät deswegen davon ab, nach der Einnahme Auto zu fahren. Bei Ubrogepant trat als Nebenwirkung häufig Übelkeit auf, wie die Forschenden berichten. “Allerdings muss bei den Nebenwirkungen berücksichtigt werden, dass Symptome wie Übelkeit, Müdigkeit oder Benommenheit auch Beschwerden im Rahmen der eigentlichen Migräneattacke sein können, die manchmal nur dann von den Betroffenen wahrgenommen werden, wenn sich die Kopfschmerzen durch die Behandlung verbessert haben“, sagt Co-Autor Hans Christoph Diener von der Universität Duisburg-Essen. Bei den Triptanen sei zu beachten, dass sie wegen ihrer gefäßverengenden Wirkung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht eingenommen werden sollten.

Zusammenfassend stellen die Forschenden fest, dass Triptane in den meisten Fällen die beste Wahl zur Behandlung von akuter Migräne sein dürften. Allerdings sind gerade diese Wirkstoffe bisher kaum gebräuchlich. “Trotz ihrer geringen Kosten und balancierten Effektivität und Tolerabilität werden Triptane zu wenig eingesetzt”, schreiben Karlsson und seine Kollegen. In Europa liege der Anteil dieser Mittel an den verschriebenen Migränemedikamenten bei 3,4 bis 22,5 Prozent. In Deutschland nehmen laut RKI nur rund 7,3 Prozent der Migränebetroffenen Triptane ein. Hier gibt es demnach durchaus noch Verbesserungsmöglichkeiten in der Migränetherapie. “Die effektivsten Triptane sollten als bevorzugte Akutbehandlung bei Migräne betrachtet werden und auch in die Liste der essenziellen Medikamente der WHO aufgenommen werden”, konstatiert das Forschungsteam.

Quelle: William Karlsson (Universitätsklinikum Kopenhagen) et al., The BMJ, doi: 10.1136/bmj-2024-080107

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