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Krötengift gegen Depressionen?

Gesundheit|Medizin

Krötengift gegen Depressionen?
Coloradokröte
Die Coloradokröte (Incilius alvarius) erzeugt in ihren Hautdrüsen eine halluzinogene Droge. © Patrick_Gijsbers/ iStock

Halluzinogene Drogen wie LSD und Psilocybin werden in der Wissenschaft schon länger als mögliche Mittel gegen Depressionen diskutiert. Im Fokus steht dabei ihre Wirkung auf den Serotoninrezeptor 5-HT2A im Gehirn. Ein Forschungsteam hat nun ein weiteres Halluzinogen – das Gift der Coloradokröte – so modifiziert, dass es verstärkt mit einem weiteren, verwandten Serotoninrezeptor namens 5-HT1A interagiert. Strukturuntersuchungen und Versuche an Mäusen legen nahe, dass sich auf diese Weise Halluzinationen vermeiden lassen, während eine antidepressive Wirkung erhalten bleibt.

Die im Südwesten der USA heimische Coloradokröte (Incilius alvarius) produziert zur Abwehr von Fressfeinden das Gift 5-MeO-DMT, das bei Menschen Halluzinationen und spirituelle Erfahrungen auslöst. Die Substanz wirkt im Gehirn ähnlich wie die synthetische Droge LSD und das Pilzgift Psilocybin, das in „Magic Mushrooms“ vorkommt. Vermittelt wird die Wirkung durch Serotoninrezeptoren im Gehirn, sogenannte 5-HT-Rezeptoren. Studien deuten darauf hin, dass solche Halluzinogene womöglich gegen Depressionen und weitere psychische Erkrankungen helfen könnten. Im Fokus der Forschung stand bisher vor allem der Rezeptor 5-HT2A, der unter anderem für die halluzinogenen Effekte von LSD und Psilocybin verantwortlich ist.

Struktur analysiert und modifiziert

„Für die Effekte der Halluzinogene scheint jedoch auch ein weiterer, verwandter Rezeptor eine Rolle zu spielen, der Serotoninrezeptor 5-HT1A“, erklärt ein Forschungsteam um Audrey Warren von der Icahn School of Medicine am Mount-Sinai-Krankenhaus in New York. Vor allem das Krötengift 5-MeO-DMT bindet stärker an diesen Rezeptor als an den besser untersuchten Verwandten 5-HT2A. „Obwohl 5-HT1A ein validiertes therapeutisches Ziel ist und es bereits zugelassene antidepressive Medikamente gibt, die hier ansetzen, ist wenig darüber bekannt, wie Psychedelika 5-HT1A beeinflussen und welche Wirkungen durch diesen Rezeptor vermittelt werden.“

Um diese Forschungslücke zu füllen, haben Warren und ihr Team die Interaktionen zwischen dem Halluzinogen aus dem Krötengift und dem Serotoninrezeptor genauer unter die Lupe genommen. Mit Hilfe von Kryoelektronenmikroskopie machten sie sichtbar, wie die Struktur des Toxins die Bindung an den Rezeptor beeinflusst. Mit diesem Wissen modifizierten sie die Substanz so, dass sie 800-mal stärker an 5-HT1A als an 5-HT2A band. Anhand von elektronenmikroskopischen Aufnahmen wiesen die Forschenden nach, dass die Bindung des modifizierten Krötengifts an den 5-HT1A-Rezeptor strukturell sehr ähnlich aufgebaut ist wie bei schon zugelassenen Antidressiva.

Antidepressive Wirkung auf Mäuse

Im nächsten Schritt testeten die Forschenden die tatsächliche Wirkung des modifizierten 5-MeO-DMT. Dazu nutzten sie Mäuse, die sie so lange sozialem Stress aussetzten, bis diese depressionsartige Symptome zeigten. Die „depressiven“ Tiere saßen häufiger zurückgezogen in einer Ecke, interagierten weniger mit Artgenossen und tranken weniger von einer angebotenen leckeren Zuckerlösung. Nach einer Behandlung mit dem modifizierten Krötengift verhielten sie sich hingegen wieder ähnlich wie Artgenossen, bei denen zuvor keine depressiven Symptome ausgelöst worden waren.

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Dabei zeigten die behandelten Tiere keinerlei Anzeichen, die auf Halluzinationen oder Wahrnehmungsveränderungen schließen ließen. Die antidepressive Wirkung des modifizierten 5-MeO-DMT war in den Versuchen trotzdem ähnlich hoch wie bei LSD und bereits zugelassenen Antidepressiva. „Bisher ging man davon aus, dass der 5-HT2A-Rezeptor, der für die Wahrnehmungsveränderungen durch klassische Psychedelika verantwortlich ist, auch ihre therapeutische Wirkung vermittelt“, erklärt das Team. „Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass Substanzen, die selektiv an 5-HT1A binden, dennoch therapeutische Wirkung zeigen, ohne dabei Anzeichen einer halluzinogenen Wirkung zu zeigen.“

Ob sich diese Ergebnisse auf Menschen übertragen lassen, müssen weitere Studien zeigen. Womöglich könnten die neuen Erkenntnisse aber dazu beitragen, neue Medikamente für psychische Störungen wie Depressionen zu entwickeln.

Quelle: Audrey Warren (Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-024-07403-2

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