Bakterien, Viren aber auch entartete Zellen – gegen diese Bedrohungen des Körpers gehen die sogenannten Makrophagen unseres Immunsystems vor. Anhand bestimmter Signale können sie feststellen, dass Zellen “verrückt spielen” und zu wuchern drohen. In diesem Fall vernichten die Makrophagen diese potenziellen Krebszellen, indem sie sie verschlingen.
Doch besonders bösartige Versionen entgehen diesem Schicksal durch einen Trick. Im Jahr 2009 fanden Forscher um Irving Weissman von der Stanford University School of Medicine heraus, dass viele Krebszellen ein Molekül namens CD47 auf ihrer Oberflächen bilden. Dieses CD47 bindet an ein Protein namens SIRPalpha auf der Oberfläche von Makrophagen, zeigten die Untersuchungen. Dies führt dazu, dass die Immunzellen die Krebszellen verschonen – CD47 wurde deshalb als der “Friss mich nicht” -Marker bekannt.
Zweiter Friss mich nicht -Marker identifiziert
Aus dieser Entdeckung entwickelte sich in den letzten Jahren ein Behandlungsansatz. Das Konzept: Durch die Blockade des CD47-Markers – mittels eines Antikörpers – verlieren die Krebszellen ihren problematischen Schutzmechanismus. Tierversuche zeigen, dass die Behandlung mit einem Anti-CD47-Antikörper tatsächlich die Fähigkeit von Makrophagen verbessert, Krebszellen abzutöten. Derzeit laufen auch bereits klinische Studien, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung beim Menschen zu testen.
In der Zwischenzeit hat sich allerdings abgezeichnet, dass CD47 nicht das einzige “Friss mich nicht” -Signal ist, das Krebszellen nutzen. Nun ist es den Forschern um Weissman gelungen, einen zweiten solches Marker zu identifizieren und ähnlich wie im Fall von CD47 in die Zange zu nehmen. Das neu entdeckte Schutzelement der Krebszellen trägt die Bezeichnung MHC class 1. Menschliche Tumore, die üppig mit dieser Proteinstruktur auf ihrer Oberfläche ausgestattet sind, sind gegenüber einer Anti-CD47-Behandlung vergleichsweise resistent, fanden die Forscher heraus.
Vielversprechende Doppel-Blockade
Weitere Untersuchungen deckten dann die restlichen Komponenten auf: Ein Protein namens LILRB1 auf der Oberfläche von Makrophagen bindet an einen bestimmten Teil des MHC class 1 Komplexes von Krebszellen. Ähnlich wie bei CD47 hemmt diese Bindung die Fähigkeit von Makrophagen, die Krebszellen zu verschlingen. Auch in diesem Fall konnten die Forscher einen Hebel ansetzen und zwar in der Form eines Antikörpers gegen das problematische MHC class 1 -Signal.
“Die gleichzeitige Blockade der beiden Friss mich nicht -Signale förderte bei Mäusen die Krebsbekämpfung durch das Immunsystem besonders intensiv – die Tumore wurden kleiner”, berichtet Co-Autorin Amira Barkal von den Ergebnissen der Tierversuchen. “Wir freuen uns nun über die Aussichten auf eine mögliche Doppel-Therapie beim Menschen”, so die Forscherin. “Die Tatsache, dass es mindestens zwei Mechanismen zur Modulation der Makrophagenaktivität gibt, ist ein Beleg dafür, wie wichtig eine präzise Immunantwort bei Krebs ist. Es ist möglich, dass zukünftige Studien noch mehr über diese Mechanismen aufdecken, was uns zusätzliche Ziele für die Krebsimmuntherapie geben wird”, sagt Barkal.