Schon seit Längerem gibt es Hinweise darauf, dass nicht nur bestimmte Medikamente und Drogen, sondern auch die Ernährung in der Schwangerschaft Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Viele Stoffe werden zwar von der Plazenta herausgefiltert, bevor sie mit dem Blut in den Körper des Ungeborenen gelangen können, aber eben nicht alle: “Ähnlich wie Sauerstoff und viele Nährstoffe passiert auch Koffein die Plazenta ungehindert”, erklären Verena Sengpiel vom Sahlgrenska-Universitätsklinikum in Göteborg und ihre Kollegen. Dem Körper des Kindes fehlen aber noch die Enzyme, die bei uns Erwachsenen das Koffein abbauen. Vorhergehende Studien haben bereits gezeigt, dass sich der Wachmacher bei Föten vor allem im Hirngewebe anreichert.
Wie viel Koffein ist schon schädlich?
Unter anderem deshalb empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schwangeren Frauen, nicht mehr als 300 Milligramm Koffein am Tag zu sich zu nehmen, die Empfehlungen der Gesundheitsämter in den USA und Norwegen liegen mit 200 Milligramm pro Tag sogar noch darunter. Um diese Menge aufzunehmen, reicht es schon, eine große Tasse Kaffee, drei Tassen Schwarzen Tee oder einen Liter Cola zu sich nehmen – eigentlich nicht sehr viel. Welche Folgen es allerdings hat, wenn eine Schwangere sich diese Tasse Kaffee trotzdem gönnt, war bisher unklar, wie die Forscher berichten. Studien, die den Einfluss von Koffein auf das Risiko für Fehl- und Frühgeburten oder ein vermindertes Wachstum des Fötus untersucht hatten, kamen zu widersprüchlichen Ergebnissen.
Um diese Widersprüche zu klären, haben Sengpiel und ihre Kollegen sich für ihre Studie eine besonders große Anzahl von Schwangeren angeschaut. Sie werteten Daten von fast 60.000 Frauen der Norwegian Mother and Child Cohort Study aus, die in der 17., 22. und 30. Schwangerschaftswoche zu ihrem Konsum koffeinhaltiger Getränke wie Kaffee, Schwarzem Tee oder Cola befragt worden waren. Im Rahmen der Studie wurden zudem Gewicht, Gesundheitszustand und Geburtsalter der Kinder erfasst.
Keine Frühgeburt, aber schmächtigere Babys
Das Ergebnis gibt zumindest für einige negative Auswirkungen Entwarnung: “Wir haben keinen Zusammenhang zwischen dem Koffeinkonsum und einer Frühgeburt gefunden”, berichtet Sengpiel. Auch Fehlgeburten oder andere schwerwiegende Komplikationen waren bei Frauen, die viel Koffein zu sich genommen hatten, nicht häufiger als bei Schwangeren, die weit unter den empfohlenen Tagesdosen lagen. Ganz folgenlos blieb ein ungebremster Kaffee- oder Cola-Genuss aber auch nicht: Je mehr Koffein die Mütter in der Schwangerschaft zu sich genommen hatten, desto wahrscheinlicher war es, dass ihr Kind hinter dem normalen Geburtsgewicht zurückblieb.
Konsumierte die Mutter im Durschnitt 100 Milligramm Koffein pro Tag – weniger als eine Tasse Kaffee – dann wog ihr Kind bei der Geburt statt der erwarteten 3.600 Gramm zwischen 21 und 28 Gramm weniger und war auch kleiner als normal. Nun erscheinen nicht einmal 30 Gramm auf den ersten Blick nicht sehr viel. Doch wie die Forscher erklären, können gerade beim Geburtsgewicht schon kleine Unterschiede eine große Rolle spielen. Studien zufolge haben Kinder, die bei ihrer Geburt besonders schmächtig für ihr Alter waren, sowohl in der Kindheit als auch im Erwachsenenalter mehr Gesundheitsprobleme als propere Neugeborene.
“Unsere Ergebnisse könnten daher durchaus klinische Relevanz haben, denn sie zeigen, dass selbst ein Koffeinkonsum unterhalb der empfohlenen Richtwerte das Risiko für ein zu geringes Geburtsgewicht erhöht”, konstatieren Sengpiel und ihre Kollegen. Zwar sei noch nicht geklärt, ob sich auch der Gewichtsverlust durch das Koffein im späteren Leben der Kinder negativ auswirkt. Solange darüber aber keine Klarheit herrsche, sollten Frauen ihren Konsum von Kaffee, Tee oder Cola während der Schwangerschaft so weit wie möglich verringern, so die Empfehlung der Wissenschaftler.