Beweg dich! Sport hält fit und lässt uns gesund altern, heißt es. Doch inwieweit gilt das für jede Art von Bewegung? Im Gegensatz zu Ausdauertraining wie Laufen, Schwimmen oder Radfahren verlangsamt muskelaufbauendes Krafttraining die Zellalterung nicht, geht aus einer Studie hervor. Nur verschiedene Formen von Ausdauertraining bringen demnach Prozesse im Körper in Gang, die zu einer Stärkung der chromosomalen Schutzkappen führen – der Telomere.
Ein starker Körper – was das ist, ist Definitionssache: Einerseits kann man darunter viel Muskelmasse verstehen, die kurzzeitig intensive Kraft entwickeln kann. Andererseits kann sich ein starker Körper auch durch vergleichsweise schlanke Muskelpakete auszeichnen, die aber eine besonders große Ausdauerleistung entwickeln können. Durch bestimmte Arten von Training lässt sich gezielt die Entwicklung der einen oder die anderen Version fördern. Um eine Mischung zu erreichen, nutzen viele Menschen allerdings auch Kombinationen. Wie die Bezeichnungen bereits nahelegen, bringt Krafttraining dabei Muskelmasse und Ausdauertraining Muskeln mit Durchhaltevermögen. Vor dem Hintergrund der beiden unterschiedlichen Effekte kann man sich fragen, ob sich auch andere Wirkungen, die man körperlicher Betätigung zuschreibt, unterscheiden. Konkret: Wie sieht es beim Anti-Aging-Effekt aus, den man dem Sport nachsagt?
Die Schutzkappen der Chromosomen im Blick
In diesem Zusammenhang haben sich die Forscher um Ulrich Laufs von der Universität Leipzig nun mit der Frage beschäftigt, inwieweit sich Krafttraining und Ausdauertraining unterschiedlich auf zelluläre Alterungsprozesse auswirken. Im Fokus standen dabei die Telomere – die Enden der Chromosomen, in denen das Erbgut jeder Zelle zusammengefasst ist. Die Teleomere bestehen ebenso wie die Gene aus Nukleotiden, enthalten aber keine Bauanweisungen. Sie bilden eine Art Kappe, die das genetische Material an den Enden der Chromosomen vor dem Verfall schützt. Wenn wir älter werden, verkürzen sich die Telomere – dabei handelt es sich um einen wichtigen molekularen Mechanismus der Zellalterung. Die Telomerlänge gilt deshalb als ein Indikator für das biologische Alter eines Menschen. In diesem Zusammenhang sind auch Substanzen bekannt, die den Prozess der Telomerverkürzung regulieren. Ein besonders wichtiger Drahtzieher ist dabei das Enzym Telomerase. Es wirkt dem Verkürzungsprozess entgegen und kann die Telomere sogar wieder verlängern.
Im Rahmen ihrer Studie haben Laufs und seine Kollegen zunächst die Telomerlänge sowie die Telomeraseaktivität in den weißen Blutkörperchen von 124 Probanden durch Laboranalysen erfasst. Anschließend ordneten sie die gesunden, aber zuvor inaktiven Studienteilnehmer unterschiedlichen sechsmonatigen Sportprogrammen zu. Trainiert wurde dreimal pro Woche für 45 Minuten. Eine Gruppe absolvierte ein Ausdauertraining durch Jogging beziehungsweiße Intervalltraining. Die Mitglieder der Krafttraining-Gruppe betätigten sich hingegen an unterschiedlichen Geräten, die intensive Muskelanspannung erforderten. Die übrigen Probanden bildeten die Kontrollgruppe – sie blieben inaktiv wie zuvor. Zur Auswertung analysierten die Forscher zwei bis sieben Tage nach dem letzten Training erneut die Telomerlänge und Telomeraseaktivität aller Studienteilnehmer.
Guter Ruf des Ausdauertrainings bestätigt
Es zeigte sich: Im Vergleich zum Beginn der Studie und zur Kontrollgruppe hatte sich bei der Ausdauertraining-Gruppe die Telomerase-Aktivität um das Zwei- bis Dreifache erhöht und die Telomerlänge hatte zugenommen. „Bei der Krafttraining-Gruppe konnten wir diesen Effekt hingegen nicht feststellen“, berichtet Laufs. “Unsere Studie verweist somit auf einen Mechanismus im Rahmen von körperlicher Aktivität, der das gesunde Altern fördert. Dieser wird allerdings nur durch Ausdauertraining und nicht durch Krafttraining aktiviert“, resümiert Laufs. Ihm und seinen Kollegen zufolge beeinflusst Ausdauertraining möglicherweise die Stickoxidwerte in den Blutgefäßen, was wiederum günstige Prozesse in den Zellen auslöst.
Wie die Forscher betonen, sind nun weitere Studien mit größeren Probandengruppen nötig, um den Befund zu untermauern und die Hintergründe des Effekts aufzuklären. „Wir hoffen, dass unser Projekt die Bestätigung unserer Ergebnisse und weitere Studien in diesem Bereich anregen wird“, so Lauf. Sein Kollege Christian Werner von der Universität des Saarlandes, hebt allerdings hervor, dass die Studie auf jeden Fall den guten Ruf stärkt, den Ausdauertraining im Vergleich zum Krafttraining bereits genießt: „Unsere Daten unterstützen die aktuellen Richtlinienempfehlungen der European Society of Cardiology, wonach Krafttraining das Ausdauertraining eher ergänzen und nicht ersetzen sollte“, sagt Werner.