Anzeige
1 Monat GRATIS testen. Danach zum Jubiläumspreis weiterlesen.
Startseite »

Kaffee: Das Bittere macht’s

Gesundheit|Medizin

Kaffee: Das Bittere macht’s
Kaffee
Kaffee schmeckt leicht bitter, doch gerade das kennzeichnet ihn (Foto: nikpah/ iStock)

Kaffee ist eines der beliebtesten Getränke weltweit – obwohl der dunkle Wachmacher eigentlich ziemlich bitter schmeckt. Ob unsere Fähigkeit, den Bitterstoff des Koffeins wahrzunehmen, die Vorliebe für Kaffee beeinflusst und wie, haben nun Forscher erstmals näher untersucht. Das überraschende Ergebnis: Passionierte Kaffeetrinker scheinen nicht trotz, sondern gerade wegen der Bitternote viel Kaffee zu trinken. Ausgerechnet diejenigen, die dank einer Genvariante besonders sensibel für den bitteren Koffeingeschmack sind, konsumieren mehr Kaffee, wie die Studie ergab. Beim schwarzen oder grünen Tee ist es dagegen seltsamerweise umgekehrt.

Geschmack ist der erste Sinn, der beim Ungeborenen aktiv wird – noch bevor der Fötus die Augen öffnet oder etwas hört, schmeckt er schon. Und auch später im Leben spielt der Geschmacksinn eine bedeutende Rolle: Er vermittelt uns nicht nur Genuss, er verrät auch, ob beispielsweise die Milch sauer oder eine Frucht reif ist. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang das Bittere: Weil viele natürliche Gifte ein bitteres Aroma besitzen, diente diese Geschmacksnote schon unseren Vorfahren als Warnsignal. Allerdings: Nicht alles, was bitter ist, ist auch giftig, wie beispielsweise Chicorée, Radicchio und andere eher bittere Gemüse belegen. Um hier besser differenzieren zu können, besitzen wir Menschen Rezeptoren für bis zu 25 verschiedene Bitterstoffe – und die Fähigkeit zu lernen, dass ein Lebensmittel trotz Bittergeschmack wohltuend oder gesund ist.

Genvarianten im Visier

An diesem Punkt kommt der Kaffee ins Spiel: Er ist eines der beliebtesten Getränke weltweit. Mehr als 800 Aromastoffe geben ihm seinen typischen Geschmack – und einige davon, darunter auch das Koffein, sorgen für eine deutliche Bitternote. Unter anderem deshalb gibt es einige Menschen, die Kaffee nicht mögen. Welche Rolle die individuelle Sensibilität für Bitterstoffe für diese Vorlieben spielt, haben nun Jue-Sheng Ong von der University of Queensland in Brisbane und seine Kollegen untersucht. Für ihre Studie identifizierten sie zunächst drei Genvarianten, die für die Wahrnehmung des Bittergeschmacks von Koffein, Chinin und dem synthetischen Bitterstoff PROP verantwortlich sind. PROP ist ein Abkömmling eines bei Kohlpflanzen, Senf, Rettich oder Kresse häufig vorkommenden Bitterstoffs.

“Wir haben dann untersucht, ob es einen kausalen Zusammenhang zwischen der Sensibilität für diese Bitterstoffe und dem Konsum von Kaffee, Tee und Alkohol gibt “, erklären die Forscher. Dafür werteten sie Daten zum Konsum dieser Getränke bei gut 430.000 Briten aus, deren Blut und DNA-Daten in der UK Biobank gespeichert sind. Alle Teilnehmer hatten bei Abgabe ihrer Proben Fragebögen zu ihrer Lebensweise, ihrer Gesundheit und auch dem Konsum bestimmter Genussmittel wie Kaffee, Tee und Alkohol ausgefüllt. Das ermöglichte es den Forschern, zu überprüfen, ob die Präsenz von Genvarianten, die für einen der drei Bitterstoffe sensibel machen, die Vorliebe für Kaffee und Co beeinflusst.

Überraschend anders

Die vergleichenden Auswertungen ergaben Überraschendes: “Man würde erwarten, dass die Menschen, die für den bitteren Geschmack des Koffeins besonders sensibel sind, eher weniger Kaffee trinken”, sagt Co-Autorin Marilyn Cornelis von der Northwestern University in Chicago. Doch das Gegenteil war der Fall. Diejenigen, deren Bitterrezeptoren empfindlicher für Koffein waren, tranken sogar mehr Kaffee als die weniger sensiblen – wenn auch im Schnitt nur eine Fünftel Tasse. Beim Tee war es dagegen umgekehrt: Hier führte eine erhöhte Sensibilität für bitteres Koffein eher zu geringerem Teekonsum. Wie die Forscher berichten, sind diese Effekte zwar nicht sehr groß, aber die Korrelation zwischen Genvariante und Kaffeekonsum ist klar nachweisbar und sehr robust.

Anzeige

Was aber bedeutet dies? Warum trinken ausgerechnet die Menschen mehr Kaffee, die seine Bitternote besonders intensiv wahrnehmen? “Diese Ergebnisse unserer Studie sprechen dafür, dass bei Kaffeetrinkern die positive Verstärkung eine große Rolle spielt”, erklärt Cornelis. Konkret gesagt: Kaffee erscheint diesen Menschen zwar bitter, aber sie haben im Laufe ihres Lebens gelernt, dass diese Bitternote mit positiven Wirkungen verbunden ist – dem Wachmacher-Effekt des Kaffees, der sozialen Komponente des Kaffeetrinkens oder auch dem Genuss des aromatischen Getränks insgesamt. Durch diesen Lern- und Gewöhnungseffekt signalisiert dann gerade der bittere Geschmack: “Das ist etwas Gutes”. Beim Tee allerdings scheint diese positive Verstärkung nicht zu funktionieren: Hier gehörten die “Bitterschmecker” eher zu den Teemuffeln.

Quelle: Jue-Sheng Ong (University of Queensland, Brisbane) et al., Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-018-34713-z

Anzeige
Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Youtube Music
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Mal|ve  〈[–v] f. 19; Bot.〉 Angehörige einer Gattung der Malvengewächse (Malvaceae) mit rosa od. lila Blüten, die auch als Tee verwendet werden; Sy Käsepappel … mehr

flü|geln  〈V.〉 I 〈V. t.; hat; Jägerspr.〉 in den Flügel schießen, treffen II 〈V. i.; ist; poet.〉 schwankend fliegen, gaukeln, flattern … mehr

Vul|ka|ni|sa|ti|on  〈[vul–] f. 20〉 das Vulkanisieren

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige