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Intelligentes Hörgerät

Gesundheit|Medizin

Intelligentes Hörgerät
Hörgerät
Viele Hörgeräte scheitern daran, aus vielen Stimmen eine herauszufiltern. (Bild: Phoenixns/ istock)

Ob durch eine Verletzung oder altersbedingt: Viele Menschen sind beim Hören auf technische Unterstützung angewiesen. Doch auch moderne Hörgeräte kommen bislang noch mit Schwächen daher. Zum Beispiel verstärken sie Stimmen, die der Träger gar nicht hören will – das Ergebnis ist ein unangenehmes Stimmen-Wirrwarr im Ohr. Wissenschaftler haben nun jedoch ein System entwickelt, das dies künftig ändern könnte: Es erkennt automatisch, wem der Träger gerade zuhört und verstärkt dann nur diese eine Stimme. Noch handelt es sich allerdings um einen Prototyp.

Ob Straßenlärm, Gesprächsfetzen oder Musik – in vielen Alltagssituationen erschweren uns Hintergrundgeräusche das Zuhören. Sich in solchen “Cocktailparty-Momenten” nur auf das wirklich Wichtige zu konzentrieren und beispielsweise der Stimme unseres Gegenübers zu folgen, stellt hohe Anforderungen an unser Aufmerksamkeitssystem. Der auditive Cortex in unserem Gehirn muss die einströmenden Informationen dafür selektiv verarbeiten. Er filtert bedeutsame Reize gezielt heraus, während er unbedeutende unterdrückt. Was unserem Gehirn gelingt, fällt Hörgeräten schwer: Moderne Hörhilfen schaffen es zwar, gesprochene Sprache aus Hintergrundgeräuschen wie Verkehrslärm herauszufiltern. Wenn viele Stimmen gleichzeitig zu hören sind, scheitern sie jedoch oft.

Abgleich von Hirnwellen und Sprechmustern

“Auf einer Party mit vielen Menschen neigen die Geräte dazu, alle Stimmen zu verstärken anstatt nur die des Gesprächspartners”, erklärt Nima Mesgarani von der Columbia University in New York. “Dies erschwert dem Träger die Konversation und isoliert ihn in solchen Situationen.” Doch Mesgarini und seine Kollegen um Erstautor Cong Han haben nun eine Lösung für dieses Problem entwickelt. Sie konzipierten eine Hörhilfe, die nicht nur auf externen Verstärkerelementen wie Mikrofonen beruht – sondern auch die Hirnwellen des Trägers überwacht. Die Idee dahinter: Frühere Untersuchungen haben offenbart, dass sich die Hirnwellen zweier Gesprächspartner während der Konversation aneinander angleichen. Die Muster der Gehirnaktivität von Sprecher und Zuhörer ähneln sich.

Genau das nutzt das von den Wissenschaftlern entwickelte System aus. Ihr unter anderem auf neuronalen Netzwerken beruhender Algorithmus identifiziert zunächst die einzelnen in einer Gruppe vorhandenen Sprecher. In einem zweiten Schritt überprüft er dann, welches Sprechmuster am besten zu den Hirnwellen des Hörgeräte-Trägers passt. Nur diese Stimme wird dann von dem System verstärkt. Dies klappt mit jeder beliebigen Stimme, wie das Team betont – ein vorheriges Trainieren des Systems ist nicht nötig. “Unser Algorithmus kann wirklich jede Stimme auf Anhieb erkennen und dekodieren”, konstatiert Mesgarani.

Weiterentwicklung geplant

Einen entscheidenden Haken hat die neue Hörhilfe jedoch noch: Um die neuronalen Reaktionen im auditiven Cortex des Zuhörers aufzuzeichnen und zu analysieren, ist ein invasiver Eingriff nötig. So testeten die Wissenschaftler ihre Entwicklung an Epilepsie-Patienten, denen zu Therapiezwecken Elektroden ins Gehirn implantiert worden waren. Angesichts der vielversprechenden Resultate arbeiten sie nun jedoch an einer Lösung, die nicht-invasiv funktioniert. Ihnen zufolge könnten die Hirnwellen auch über die Kopfhaut oder am Ohr abgeleitet werden. “Wir hoffen, dass unsere Entwicklung eines Tages den Millionen von hörbeeinträchtigten Menschen auf der ganzen Welt dabei hilft, genauso problemlos zu kommunizieren wie es ihre Freunde und Familien tun”, schließt Mesgarani.

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Quelle: Cong Han (Columbia University, New York) et al., Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.aav6134

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