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Insulinproduzierende Betazellen aus Stammzellen

Gesundheit|Medizin

Insulinproduzierende Betazellen aus Stammzellen
BEtazellen
Aus Stammzellen erzeugte Betazellen (rot), die Insulin produzieren. © Otonkoski Lab / University of Helsinki

Bei schwerem Diabetes produzieren die Betazellen der Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr – bisher ist der Niedergang dieser Zellen unumkehrbar. Doch neue Ansätze zur Züchtung von Betazellen aus Stammzellen wecken Hoffnung. Jetzt ist es Forschern gelungen, menschliche Betazellen zu züchten, die nicht nur Insulin produzieren, sondern dieses auch je nach Blutzuckerspiegel dosiert abgeben. Nach der Implantation in Mäuse schafften diese Zellklumpen es dadurch, die Blutzuckerwerte der Tiere korrekt zu regulieren und den Blutzuckerspiegel auf einem normalen Niveau zu halten. Das weckt Hoffnung auch für den späteren Einsatz beim Menschen.

Bei schwerwiegendem Diabetes Typ 2, aber auch bei der meist angeborenen Autoimmunerkrankung Diabetes Typ 1, arbeiten die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse nicht mehr. Beim Typ-1-Diabetes werden diese Zellen meist schon im Verlauf der Kindheit irrtümlich von körpereigenen Antikörpern angegriffen und zerstört. Weil das Insulin nun fehlt, wird der Blutzuckerspiegel nicht mehr reguliert und schießt nach einer Mahlzeit in gesundheitsschädliche Höhen. Um Organschäden und tödliche Entgleisungen des Blutzuckerspiegels zu vermeiden, müssen die Patienten regelmäßig ihren Blutzuckerspiegel kontrollieren und sich das jeweils nötige Insulin spritzen – eine aufwendige und gerade für Kinder belastende Prozedur.

Das Problem der unreifen Zellen

Schon länger suchen Wissenschaftler daher nach Möglichkeiten, die defekten Betazellen der Bauchspeicheldrüse zu ersetzen – unter anderem durch Zucht der passenden Zellen aus Stammzellen. “Die Herstellung funktionsfähiger Pankreas-Betazellen aus menschlichen pluripotenten Stammzellen ist eines der Hauptziele der Stammzellforschung”, erklären Diego Balboa von der Universität Helsinki und seine Kollegen. Mehreren Forschergruppen ist es auch schon gelungen, auf diese Weise Zellklumpen zu züchten, die den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse sehr nahe kommen und auch Insulin produzieren. Allerdings schafften es diese noch unreifen Zuchtzellen bisher nicht, adäquat auf den Blutzucker ihrer Umgebung zu reagieren und das Insulin zuverlässig und richtig dosiert abzugeben. “Unreife Betazellen sind noch nicht fähig, ihre Insulin-Ausschüttung bei niedrigen Glukosewerten einzustellen”, erklärt das Team.

Die Wissenschaftler haben deshalb nach Möglichkeiten gesucht, die aus den Stammzellen entwickelten Betazellen über das unreife Stadium hinaus zu bringen und so voll ausgewachsene, korrekt funktionierende Insulinregulatoren zu züchten. Dafür testeten sie verschiedene Methoden der Zellkultur und der Zugabe von Nährstoffen und Botenstoffen, bis sie schließlich fündig wurden. Wie sich zeigte, erreichen die aus Stammzellen gewonnenen Betazellen das reife Stadium, wenn man sie mehrfach einem Wechsel der Kulturumgebung unterzieht und im letzten Schritt einige Hemmstoffe zugibt, andere hingegen weglässt. Das Ergebnis waren Betazellen, die sich äußerlich und in ihrem Verhalten kaum von natürlichen, in der Bauchspeicheldrüse eines Menschen herangewachsenen Betazellen unterschieden.

Blutzuckerregulation wie beim natürlichen Vorbild

Die entscheidende Frage war nun jedoch, ob diese im Labor gezüchteten Betazellen auch in Bezug auf ihre Insulinproduktion so funktionieren wie die körpereigenen. Dafür setzen die Forscher die Zellkulturen unterschiedlich hohen Glukosewerten aus, wie sie typischerweise auch bei den Blutzuckerschwankungen eines Menschen vorkommen. “Die Zellen zeigten eine normale Insulin-Regulation und reagierten sogar besser auf Veränderungen der Glukosewerte als Inselzellen, die wir als Kontrolle aus der Bauchspeicheldrüse von Organspendern entnommen hatten”, berichtet Balboas Kollege Väinö Lithovius. Näheren Analysen zufolge stimmten die gezüchteten Betazellen auch in vielen, wenn auch nicht allen Aspekten ihrer Physiologie und den Details ihrer Reaktionen mit ihren natürlichen Vorbildern überein: “Die Analysen zeigten, dass die aus Stammzellen gewonnenen Betazellen die nötigen Ionenkanäle, Exozytose-Komponenten und auch die intrazelluläre Signal-Maschinerie besitzen, um die Insulin-Sekretion fein abgestimmt zu regulieren”, schreiben die Forscher.

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Dies bestätigte sich auch in einem anschließenden Versuch mit Mäusen. Die Forscher pflanzten diesen Tieren kleine Klümpchen der gezüchteten Pankreaszellen ein, nachdem sie deren eigene Betazellen chemisch abgetötet hatten. Bekamen die Mäuse Zuckerwasser zu trinken, stieg der Blutzuckerwert bei nicht-transplantierten Tieren stark an, während die Tiere mit den implantierten Betazellen Insulin ausschütteten und ihren Blutzuckerspiegel regulieren konnten. Der Blutzuckerspiegel blieb dadurch bei diesen Mäusen stabil im Normbereich, wie das Team berichtet. “Das belegt, dass das aus Stammzellen erzeugte Transplantat die Glukosewerte bei den Mäusen korrekt regulieren konnte”, sagt Balboas Kollege Jonna Saarimäki-Vire. Nach Ansicht des Forschungsteams repräsentiert ihr Verfahren damit einen wichtigen Schritt hin zur Entwicklung von Ersatz-Betazellen für Diabetes-Patienten.

Bis solche aus Stammzellen gewonnenen Betazellen allerdings auch beim Menschen eingesetzt werden können, wird es noch eine Weile dauern. Denn auch die von Balboa und seinem Team produzierten Betazellen zeigten noch einige Unterschiede zu den natürlichen Insulinzellen der Bauchspeicheldrüse. Zudem schaffen nicht alle Zuchtzellen den Schritt zu einer vollen Ausreifung und viele von ihnen veränderten in den Monaten nach ihrer Transplantation in die Mäuse ihre Physiologie und Genaktivität noch weiter. Was dies genau bedeutet und ob dies zu potenziell negativen Folgen führen kann, muss daher noch untersucht werden. Dennoch sehen die Wissenschaftler in ihrer Weiterentwicklung der Zellzucht einen wichtigen Fortschritt auf dem Weg zu voll funktionsfähigen und implantierbaren Betazellen aus dem Labor.

Quelle: Diego Balboa (Universität Helsinki) et al., Nature Biotechnology, doi: 10.1101/2021.03.31.437748

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