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Innere Uhr steuert den weiblichen Zyklus

Gesundheit|Medizin

Innere Uhr steuert den weiblichen Zyklus
Menstruationszyklus
Welcher Taktgeber reguliert den weiblichen Menstruationszyklus? © olando_o/ iStock

Rund 29 Tage lang ist ein durchschnittlicher weiblicher Zyklus – ähnlich lang wie der Mondzyklus mit 29,5 Tagen. Ob das ein Zufall ist, oder ob der Menstruationszyklus durch den Mond beeinflusst wird, wird seit langem in der Wissenschaft diskutiert. Eine neue Studie zeigt nun anhand von Zyklusdaten von mehr als 3.000 Frauen aus Europa und Nordamerika, dass die meisten Hinweise für eine Regulation durch eine innere Uhr sprechen. Eine geringe, aber statistisch signifikante Korrelation finden die Forschenden allerdings auch zum Mondzyklus.

Der weibliche Zyklus beginnt Monat für Monat mit der Menstruation, bei der alte Gebärmutterschleimhaut mit einer Blutung abgestoßen wird. In der folgenden Zeit baut sich in der Gebärmutter neue Schleimhaut auf, während Follikel mit Eizellen heranreifen. In der Mitte des Zyklus kommt es zum Eisprung, bei der eine Eizelle freigesetzt wird, die nun zur Befruchtung bereitsteht. Die Gebärmutterschleimhaut verdickt sich in dieser Phase stärker, um einer potenziellen befruchteten Eizelle die Einnistung zu ermöglichen. Findet keine Befruchtung statt, baut sich die Gebärmutterschleimhaut wieder ab und wird mit der nächsten Menstruationsblutung abgestoßen.

Zyklusdaten von über 3.000 Frauen

Gesteuert wird dieser Prozess von einem fein abgestimmten Wechselspiel verschiedener Hormone. Doch was gibt dabei den Takt vor? Sind es innere Faktoren, etwa eine innere, von Genen regulierte Uhr, ähnlich wie beim Tag-Nacht-Rhythmus, oder spielen äußere Einflüsse eine Rolle, darunter beispielsweise der Mond? Um diese Fragen zu beantworten, hat ein Team um René Ecochard von der Université Claude Bernard Lyon 1 in Frankreich Zyklusdaten von 2.303 Frauen aus Europa und 721 Frauen aus Nordamerika ausgewertet. Insgesamt umfasste der Datensatz fast 32.000 Zyklen. Die Forschenden untersuchten zum einen die Schwankungsbreiten der Zyklen und weitere Merkmale, die auf eine potenziell interne Regulation hindeuten. Zum anderen untersuchten sie mögliche Korrelationen zu den Mondphasen.

Das Ergebnis: „Unsere Analysen der Daten deuten darauf hin, dass die rhythmischen Merkmale des Menstruationszyklus eher durch einen inneren, uhrähnlichen Antriebsmechanismus erklärt werden können als durch andere interne oder externe Prozesse“, schreibt das Team. So zeigte sich, dass die Zykluslänge statistisch vor allem mit der Länge der vorangegangenen Zyklen zusammenhängt, wobei es über mehrere Monate und Jahre hinweg jeweils leichte Schwankungen gibt. Dadurch verschiebt sich mit der Zeit sowohl der Beginn des Zyklus als auch die Dauer.

Innere Uhr als Taktgeber

Zusätzlich entdeckten die Forschenden in den individuellen Aufzeichnungen der Zykluslänge mehrfach sogenannte Phasensprünge. Diese sind typisch für eine innere Uhr, die kurzzeitig aus dem Takt gerät und sich dann selbst wieder korrigiert, indem sie in einen neuen stabilen Zustand springt. Bei der inneren Uhr, die unseren Tag-Nacht-Rhythmus steuert, kennen wir das beispielsweise nach einer langen Flugreise in eine andere Zeitzone. „So, wie es nach Interkontinentalreisen ein paar Tage dauern kann, bis sich die innere Uhr angepasst hat, können nach einem ungewöhnlich langen Menstruationszyklus auch mehrere Zyklen erforderlich sein, um die Diskrepanz zwischen dem Ovulationszyklus und dem inneren Taktgeber auszugleichen“, erklären Ecochard und seine Kollegen.

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Während diese Beobachtungen stark dafür sprechen, dass der weibliche Zyklus durch innere Faktoren gesteuert wird, hat das Team auch nach möglichen Zusammenhängen zum Mondzyklus gesucht. Da der Wechsel der Mondphasen einem ähnlichen zeitlichen Rhythmus folgt wie der weibliche Zyklus, wird in der Wissenschaft diskutiert, ob es tatsächlich einen kausalen Einfluss gibt. Zahlreiche Studien haben bereits versucht, Zusammenhänge zu finden, teils erfolglos, teils mit widersprüchlichen Ergebnissen. So legten manche nahe, bei einem Ovulationszyklus im Einklang mit dem Mond fände die Menstruationsblutung bei Neumond statt, anderen zufolge dagegen bei Vollmond.

Welchen Einfluss hat der Mond?

Ecochard und sein Team fanden tatsächlich eine schwache, aber statistisch signifikante Korrelation zwischen dem Ovulations- und dem Mondzyklus. Auch in ihren Daten gab es allerdings Diskrepanzen, zu welchem Zeitpunkt im Mondzyklus die Menstruation bevorzugt stattfindet. So begann die Blutung bei nordamerikanischen Frauen statistisch am häufigsten bei Vollmond, bei europäischen Frauen dagegen meist bei zunehmendem Mond. Ob es sich dabei um Zufall handelt oder ob beispielsweise Unterschiede im Lebensstil dazu beitragen, lässt sich aus den Daten nicht ableiten.

Unklar ist zudem, über welche Mechanismen der Mond den Zyklus der Eierstöcke regulieren könnte. So könnte das im Laufe der Mondphasen schwankende Mondlicht zwar in früheren Zeiten potenziell einen Einfluss gehabt haben, heute jedoch wird es durch das künstliches Licht überdeckt und daher müsste letzteres inzwischen eine viel größere Rolle spielen. Die Gravitation dagegen wirkt zwar auch durch geschlossene Schlafzimmer-Rollos hindurch, ist aber bei der menschlichen Körpergröße so gering, dass die meisten Forschenden einen Einfluss für unwahrscheinlich halten.

Neue Ideen für Fruchtbarkeitstherapien

„Insgesamt unterstützen unsere Ergebnisse die Ansicht, dass eine innere Uhr den weiblichen Zyklus steuert, aber es sind weitere Arbeiten erforderlich, um diese Hypothese zu testen und die Mechanismen zu entschlüsseln“, schreibt das Team. „Sollte sich die Existenz einer inneren Uhr, die den Menstruationszyklus steuert, in weiteren Studien bestätigen, könnte die medizinische Behandlung von Ovulationsstörungen auf chronobiologische Ansätze zurückgreifen.“ Therapien gegen verringerte Fruchtbarkeit könnten dann in Abstimmung mit der inneren Uhr erfolgen und beispielsweise Behandlungen mit hellem Licht beinhalten. Ähnliche Ansätze haben sich bereits bei Schlafstörungen und Depressionen als erfolgreich erwiesen.

Quelle: René Ecochard (Université Claude Bernard Lyon 1, Frankreich) et al., Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.adg9646

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