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Hunde verstehen Wörter besser als gedacht

Neurowissenschaften

Hunde verstehen Wörter besser als gedacht
Hund mit EEG-Elektroden am Kopf
Die Forschenden nahmen per EEG die Hirnsignale der Hunde auf. © Grzegorz Eliasiewicz

Hunde können lernen zu sitzen, wenn ihr Besitzer „Sitz!“ sagt. Sie verbinden solche Anweisungen mit Handlungen und führen sie nach etwas Training meist auch aus. Doch nun haben Forschende herausgefunden, dass Hunde auch Wörter für bestimmte Gegenstände verstehen – ähnlich dem menschlichen Sprachverständnis. Aufzeichnungen der Gehirnaktivität deuten darauf hin, dass die Hunde eine passende mentale Repräsentation in ihrem Kopf aufrufen, wenn sie diese Wörter hören. Wenn ihr Besitzer also „Ball“ sagt, haben sie wahrscheinlich auch das Bild von einem Ball im Kopf. Demnach ist der Mensch nicht das einzige Säugetier, das Objektwörter versteht.

Säuglinge und Tiere können nicht artikulieren, was in ihrem Kopf vor sich geht. Um herauszufinden, ob sie bestimmte Wörter verstehen, führen Wissenschaftler daher in der Regel Tests durch, die eine aktive Entscheidung erfordern. Sie werden beispielsweise gebeten, auf ein Objekt zu zeigen oder diesen Gegenstand zu holen, nachdem sie seinen „Namen“ gehört haben. Hunde schneiden bei solchen Tests nur selten gut ab. In der Regel ordnen sie die Wörter nur so oft korrekt zu, dass es auch Zufall sein könnte. Aber bedeutet das, dass Hunde die Wörter nicht verstehen oder nur nicht wie gewünscht darauf reagieren?

Besitzerin mit ihrem Hund, der EEG-Elektroden am Kopf hat
Besitzerin mit ihrem Hund. Insgesamt 18 Hunde nahmen an den Versuchen teil. © Oszkár Dániel Gáti

Hirnsignale verraten, welche Wörter Hunde verstehen

Um das Wortverständnis von Hunden zu testen, hat ein Forschungsteam um Marianna Boros von der Eötvös Loránd Universität in Budapest nun einen anderen Ansatz gewählt. Mit einem EEG-Gerät nahmen die Neurowissenschaftler die Hirnströme von 18 Hunden auf, um die Vorgänge in ihrem Gehirn direkt zu beobachten. Ihre Besitzer präsentierten den Hunden dabei verschiedene Spielzeuge, die den Tieren bekannt waren, und sagten dabei das Wort, das den jeweiligen Gegenstand beschreibt. Sie sagten beispielsweise „Ball“ und zeigten einen Ball. In einigen Fällen passten Objekt und Wort wie in diesem Beispiel zusammen, in anderen Fällen absichtlich nicht. Die Hunde wurden dabei nicht aufgefordert, etwas Bestimmtes zu tun, sondern sollten das Objekt nur anschauen.

Die Auswertung der Hirnsignale ergab: Bei passenden Spielzeugen und Beschreibungen zeigten die EEG-Aufnahmen ein anderes Muster als bei unpassenden Paaren, wie die Forschenden berichten. Bei Tests mit Menschen in früheren Studien zeigten sich ähnliche Hirnmuster. Sie gelten als Beleg dafür, dass die Wörter verstanden werden. „Hunde reagieren demnach nicht nur mit einem erlernten Verhalten auf bestimmte Wörter“, sagt Boros. „Sie assoziieren dieses Wort auch nicht nur kurzzeitig mit einem Objekt, sondern sie versehen das Wort tatsächlich und aktivieren die Erinnerung an das entsprechende Objekt, wenn sie es hören.“

Überraschenderweise war diese Fähigkeit nicht von einem großen Vokabular der Tiere abhängig. Wie die Ergebnisse zeigten, waren die neuronalen Muster im EEG bei allen Hunden gleich – egal, wie viele Wörter für Gegenstände sie zuvor gelernt hatten. „Es spielt keine Rolle, wie viele Objektwörter ein Hund versteht – ihm bekannte Wörter aktivieren immer mentale Repräsentationen. Das deutet darauf hin, dass diese Fähigkeit im Allgemeinen bei Hunden vorhanden ist und nicht nur bei einigen außergewöhnlichen Individuen, die die Namen vieler Objekte kennen“, sagt Boros.

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Sprachverständnis ist keine rein menschliche Fähigkeit

Diese Hinweise darauf, dass Hunde genau wie Menschen Wörter auf referenzielle Weise verstehen, werfen Fragen auf. Die Art, wie wir Menschen Sprache verwenden und verstehen, ist demnach möglicherweise doch nicht so einzigartig im Tierreich wie gedacht, so die Forschenden. Theorien und Modelle zur Evolution von Sprache müssten daher überdacht werden. Als Nächstes wollen die Neurowissenschaftler untersuchen, ob auch andere Säugetiere Objektwörter verstehen können, die nicht so eng mit Menschen zusammenleben wie Hunde. Das könnte Hinweise darauf liefern, wie weit diese Fähigkeit im Tierreich verbreitet ist und wie sie entstanden ist.

Auch für Hundebesitzer ist es eine wichtige Erkenntnis: „Dein Hund versteht mehr, als er oder sie sich anmerken lässt“, sagt Co-Autorin Lilla Magyari von der Eötvös Loránd Universität. Warum Hunde uns nicht immer zeigen, dass sie unsere Wörter verstanden haben, wollen Boros und ihre Kollegen ebenfalls in Folgestudien untersuchen.

Quelle: Marianna Boros (Eötvös Loránd Universität) et al., Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2024.02.029

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