Hanf und Cannabis hatten früher vor allem eins – einen recht schlechten Ruf als Rauschmittel. War von Cannabis und Hanf die Rede, fiel der erste Gedanke vieler auf eine selbst gedrehte Zigarette, die ungewöhnlich tütenförmig aussah, auf Rauchschwaden über dem Kopf und auf Menschen im Delirium. Stück für Stück manövriert sich das Naturprodukt mittlerweile aus dieser Ecke, in die es fälschlicherweise gedrängt wurde. Seit Mediziner die positive Wirkung von Hanf entdeckt haben, gibt es einen wahren Run auf Produkte aus Cannabis und Hanf. Was Kapseln, Samen und Tropfen bewirken könnten und warum sie wirken, verrät der folgende Beitrag.
Zur Historie: Was unterscheidet Hanf und Cannabis?
Cannabis und Hanf sind äquivalent. Hanf ist der deutsche Begriff für die Pflanze, Cannabis lautet die lateinische Übersetzung. Neu ist die Nutzung dieser Pflanze mitnichten, denn schon in den Geschichtsbüchern lässt sich etwas zur Nutzung von Hanf nachlesen. Einst stellte man aus den Hanffasern Seile her, die Samen der Pflanze wurden zu Öl verarbeitet. Soweit zur Nutzung, die mitnichten verpönt war. Aber auch schon in grauer Vorzeit erkannten viele Menschen, dass sich aus den getrockneten Blättern und Blüten Rauschmittel herstellen ließen. Bekannt wurden diese berauschenden Substanzen dann unter dem Namen Marihuana und Haschisch.
Zur Wirkung: Welche Wirkstoffe enthält die Pflanze?
Warum die Pflanze ihre Wirkung entfalten kann, liegt an den zwei Wirkstoffen, die in ihr ruhen, und denen eine komplett unterschiedliche Wirkweise nachgewiesen werden konnte:
- Tetrahydrocannabinol (THC) ist der berauschende Wirkstoff der Pflanze. Rein medizinisch betrachtet wird THC eine entspannende Wirkung zugeschrieben, die – je nach Konzentration – berauschend sein kann, aber auch eingesetzt wird, um beispielsweise Brechreiz zu lindern.
- Cannabidiol (CBD) wirkt hingegen stärker auf die Psyche und im Körper direkt. Bei der Einnahme von CBD ließ sich eine angstlösende und entzündungshemmende Wirkung ausmachen.
Diese zwei Wirkweisen sind dafür verantwortlich, dass Cannabis immer häufiger als Unterstützung von Medikamenten aus der Allgemeinmedizin zur Anwendung kommt. Schnell entfaltet Cannabis seine Wirkung nicht; stattdessen dauert es eine Weile bis sich die Wirkung bemerkbar macht. Zudem kann es zum Gewöhnungseffekt kommen, der in der Medizin als Toleranz bezeichnet wird und für die Patienten bedeuten kann, dass eine bestimmte Dosierung schnell keinen Effekt mehr bringt.
Zur Anwendung: Bei welchen Krankheitsbildern kommt Cannabis zum Einsatz?
Die häufigsten Anwendungsfelder, in denen Cannabis als Medizinprodukt und unter ärztlicher Aufsicht verabreicht wurde sind diese:
- Chronische Erkrankungen, die mit starken Schmerzen einhergehen. Hier kann Cannabis eine lindernde Wirkung haben. Auch bei Erkrankungen, die Entzündungsherde im Körper bedingen, kam Cannabis bereits zum Einsatz. In der Palliativmedizin sowie im Schmerzmanagement werde die Wirkung von Cannabinoiden punktuell getestet. Bei Fibromyalgie, Rheuma und Arthritis sei die Studienlage noch sehr dünn.
- Erkrankungen, bei denen Krampfattacken und Lähmungserscheinungen zu den Symptomen gehören. In diesem Zusammenhang kommt Cannabis beispielsweise bei multipler Sklerose zum Einsatz. Auch bei einer Epilepsie wurde Cannabis bereits verabreicht.
- Erkrankungen des Geistes und der Psyche. Mit Blick auf Erkrankungen der Psyche wurde der Einsatz von Cannabis bereits bei Angst- und Schlafstörungen getestet; auch ließen sich Wirkungen im Einsatz gegen das Tourette-Syndrom und bei Menschen mit ADHS punktuell beobachten. Die begleitende Anwendung von Cannabis bei Depressionen sei nur punktuell in Dokumentationen erfolgt. Diese können noch kein Bild dazu abgeben, wie sicher die Wirkweise von Cannabis bei diesen Krankheitsbildern ist. Punktuell lassen sich jedoch zu vielen Krankheitsbildern positive Ergebnisse erzielen, auch wenn diese noch nicht in der Masse gesichert sind.
- Zur Linderung von unangenehmen Begleiterscheinungen. So können Produkte aus Cannabis einige Folgeerscheinungen der Chemotherapie, wie etwa die Übelkeit, lindern. Auch den ungewollten Gewichtsverlust, der mit einer AIDS-Erkrankung einhergehen kann, können cannabishaltige Produkte verlangsamen.
Verbindliche Studien, die die Wirksamkeit von Cannabis bei einer oder mehreren Erkrankungen nachweisen, gibt es laut Patienteninformationen der Bundesärztekammer und der kassenärztlichen Bundesvereinigung nicht. Wohl aber ließen sich positive Wirkungen beobachten – ebenso wie unerwünschte Nebenwirkungen. Schwindelgefühle, Stimmungsschwankungen, Herzbeschwerden, Muskelschwäche und andere unerwünschte Nebenwirkungen könnten zu Tage treten, heißt es ebenfalls. Bis absehbar ist, wie der Körper auf die Cannabis-Einnahme reagiert, wird von der Teilnahme am Straßenverkehr nachdrücklich abgeraten.
Zu den Produkten: Welche Cannabis-Produkte sind zu empfehlen?
Cannabis gibt es in unterschiedlichen Darreichungsformen – als Kapseln, Mund-Spray, Öl oder in getrockneter Form. Kein Produkt wird speziell einer bestimmten Symptomwelt zugeordnet, wohl aber gibt es eine grundsätzliche Empfehlung zur Einnahme von Cannabis: Fertig-Medikamente sind Extrakten vorzuziehen, die erst in Eigenregie anzumischen sind. So sollten Kapseln und Öle im besten Fall ausnahmslos so dosiert und eigenommen werden, wie es auf dem Beipackzettel steht. Für die Einnahme von Blüten und Pflanzen in getrockneter Form brauchen Patienten mehr Wissen darüber, wie das getrocknete Gut erhitzt werden muss, um wirken zu können.
14.09.2020