In welchem Alter Frauen in die Wechseljahre kommen, ist nicht nur für die individuelle Kinderplanung entscheidend, sondern hat auch zahlreiche gesundheitliche Folgen. Forscher haben nun 290 Genvarianten identifiziert, die das Alter beim Eintritt der Menopause beeinflussen. Darunter sind vor allem Gene, die an der Reparatur von DNA-Schäden beteiligt sind. Manipulierten die Forscher einige dieser Gene bei Mäusen, konnten sie ihre reproduktive Lebensspanne verlängern.
Im Laufe der vergangenen 150 Jahre ist die durchschnittliche menschliche Lebenserwartung deutlich angestiegen und liegt aktuell bei rund 85 Jahren. Das Alter, in dem bei Frauen die Wechseljahre beginnen, ist hingegen weitgehend konstant geblieben. Im Schnitt erleben Frauen im Alter zwischen 47 und 52 Jahren ihre letzte Periode, es gibt aber auch Frauen, die schon vor dem 45. Lebensjahr in die Wechseljahre kommen. Beeinflusst wird das Alter beim Einsetzen der Menopause zum einen durch Lebensstilfaktoren wie Ernährung und Rauchen, zum anderen durch die genetische Veranlagung.
DNA-Reparatur-Gene beeinflussen Menopause
Ein Team um Katherine Ruth von der University of Exeter in Großbritannien hat nun Genomdaten von mehr als 200.000 Frauen analysiert, bei denen die Menopause zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr einsetzte. Ruth und ihre Kollegen untersuchten, welche Genvarianten einen Einfluss auf das Alter zu Beginn der Wechseljahre haben. Dabei identifizierten sie 290 Varianten, die mit einer früher oder später einsetzenden Menopause in Verbindung stehen. Bekannt waren zuvor erst 56 solcher Genabschnitte. Der Einfluss der einzelnen Genvarianten auf den Zeitpunkt der Wechseljahre liegt den Analysen zufolge zwischen 3,5 Wochen und 1,5 Jahren.
„Die identifizierten Genorte sind an einem breiten Spektrum von Prozessen in Zusammenhang mit DNA-Schäden beteiligt“, berichten die Forscher. Diese Gene sorgen unter anderem dafür, dass DNA-Schäden erkannt und behoben werden oder Zellen mit beschädigter DNA absterben. In den Eierstöcken sind sie während der gesamten Lebensspanne einer Frau aktiv. Co-Autorin Eva Hoffmann von der Universität Kopenhagen erklärt: „Es ist klar, dass die Reparatur beschädigter DNA in Eizellen sehr wichtig ist, um den Vorrat an Eizellen zu bestimmen, mit dem Frauen geboren werden, und auch dafür, wie schnell sie im Laufe des Lebens verloren gehen. Ein besseres Verständnis der biologischen Prozesse, die an der reproduktiven Alterung beteiligt sind, könnte zu einer Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten im Bereich der Fruchtbarkeit führen.“
Reproduktive Lebensspanne bei Mäusen verlängert
An Mäusen testeten die Forscher den Effekt von zwei Schlüsselgenen, CHEK1 und CHEK2, auf die Menopause. Beide Gene sind an der Reaktion auf DNA-Schäden beteiligt, wobei CHEK1 vor allem für die Reparatur der beschädigten Stellen sorgt, während CHEK2 das Absterben von Zellen mit fehlerhafter DNA verursacht. Durch genetische Manipulationen schalteten die Forscher CHEK2 bei Mäuseweibchen aus. „Bei diesen Weibchen erschöpfte sich die Eizellreserve langsamer, was zu einer verbesserten Eierstockfunktion in fortgeschrittenem Alter führt“, schreiben die Autoren. Anders als Menschen haben Mäuse keine Menopause, doch die Eierstockfunktion gealterter Tiere gab den Forschern einen Hinweis darauf, dass CHEK2 offenbar unter normalen Bedingungen Eizellen absterben lässt und so zu einem früheren Eintreten der Menopause beiträgt.
Mäuse ohne CHEK1 starben bereits vor der Geburt, da die Funktionen, die dieses Gen wahrnimmt, lebenswichtig sind. Die Auswirkungen von CHEK1 untersuchten die Forscher daher an Mäusen, die eine zusätzliche Kopie des Gens hatten. Das Ergebnis: „Weibliche Mäuse mit mehr CHEK1-Protein werden mit mehr Eizellen geboren, und es dauert länger, bis diese sich auf natürliche Weise entleeren, sodass die Fortpflanzungszeit verlängert wird“, berichtet Co-Autor Ignasi Roig von der Autonomen Universität Barcelona.
Abwägung von Nutzen und Risiko
Zusätzlich untersuchten die Forscher, in welchem Zusammenhang eine besonders frühe oder späte Menopause mit bestimmten Krankheiten steht. Dabei stellten sie in Übereinstimmung mit früheren Studien fest, dass ein spätes Einsetzen der Wechseljahre mit einer besseren Knochengesundheit und einem geringeren Risiko für Typ-2-Diabetes assoziiert ist. Dafür sind Krebsarten wie Brust- und Eierstockkrebs häufiger bei Frauen, die später in die Wechseljahre kommen.
Könnte es also aus gesundheitlicher Sicht sinnvoll sein, die Wechseljahre therapeutisch hinauszuzögern? „Wie attraktiv diese Option ist, wird sich auf eine Abwägung von Nutzen und Risiko konzentrieren, wie es heute bei Hormonersatztherapien der Fall ist, schreibt Krina Zondervan von der University of Oxford in einem Begleitartikel zur Studie, der ebenfalls im Fachjournal Nature veröffentlicht wurde.
Beratung für die Familienplanung?
Ruth und ihre Kollegen hoffen, dass die Ergebnisse zukünftige Studien inspirieren werden, die zu neuen Therapien zur Verbesserung der Fortpflanzungsfähigkeit und zum Erhalt der Fruchtbarkeit führen könnten. Denkbar wäre aus ihrer Sicht zum Beispiel, die Erfolgschancen von künstlichen Befruchtungen zu erhöhen, indem das von CHEK2 verursachte Absterben von Eizellen kurzzeitig unterbunden wird. „Behandlungen, die die CHEK2-Expression verringern, könnten jedoch nachteilige Auswirkungen haben, da CHEK2 ein Tumorsuppressorgen ist und bestimmte CHEK2-Mutationen das Risiko für verschiedene Krebsarten erhöhen“, gibt Zondervan zu bedenken.
Womöglich könnten die identifizierten Genvarianten außerdem hilfreich für die Beratung von Frauen mit Kinderwunsch sein. „Wir hoffen, dass unsere Arbeit dazu beitragen wird, neue Möglichkeiten für die Zukunftsplanung von Frauen zu schaffen“, sagt Ruth. „Indem wir viele weitere genetische Ursachen für den unterschiedlichen Zeitpunkt der Menopause gefunden haben, können wir vorhersagen, bei welchen Frauen die Menopause besonders früh eintritt.“ Da neben den Genen auch viele andere Faktoren eine Rolle spielen, ist die Vorhersagekraft allerdings begrenzt. Für Frauen, die genetisch bedingt zu einer besonders früh einsetzenden Menopause neigen, könnte diese Information jedoch die Familienplanung unterstützen.
Quelle: Katherine Ruth (University of Exeter, UK) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-021-03779-7