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Aminosäure Taurin als Anti-Aging-Mittel?

Gesundheit|Medizin

Aminosäure Taurin als Anti-Aging-Mittel?
Taurin
Kann Taurin als Jungbrunnen wirken? © Sugandha Menda

Die Aminosäure Taurin wird in unserem Körper produziert und kommt in vielen Nahrungsmitteln vor. Mit zunehmendem Alter sinkt jedoch der Taurin-Spiegel im Blut. Eine Studie zeigt nun, dass Mäuse und Affen, die zusätzliches hochdosiertes Taurin als Nahrungsergänzungsmittel erhalten, langsamer altern und länger gesund leben. Auch erste Untersuchungen an Menschen deuten darauf hin, dass der Taurinspiegel mit zahlreichen Gesundheitsparametern assoziiert ist. Klinische Studien sollen nun klären, ob die Einnahme hoher Taurindosen auch bei Menschen die gesunde Lebensspanne verlängern kann.

Taurin zählt zu den semi-essenziellen Aminosäuren: Wir nehmen es durch die Nahrung auf, können es aber auch selbst aus der Aminosäure Cystein bilden. Frühere Studien haben gezeigt, dass der Nährstoff bei vielen Prozessen im Körper eine Rolle spielt, darunter bei der Entwicklung, der Energieproduktion, der Signalübertragung im Nervensystem und der Bildung von Gallensäure. Überdies wirkt es als starkes Antioxidans und kann Entzündungsprozesse eindämmen. Taurin kommt vor allem in tierischen Lebensmitteln vor, ist als Nahrungsergänzungsmittel im Handel und wird häufig Energy Drinks zugesetzt. Die von der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfohlene Tageshöchstdosis liegt bei 100 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht.

Anti-Aging für Mäuse

Ein Team um Parminder Singh vom Nationalen Institut für Immunologie in Neu-Delhi in Indien hat nun untersucht, wie Taurin bei Tieren und Menschen Alterungsprozesse beeinflusst. Zunächst untersuchten die Forschenden die Taurinkonzentration im Blut von Mäusen, Rhesusaffen und Menschen verschiedenen Alters. Im Einklang mit früheren Studien zeigte sich dabei, dass der Taurinspiegel mit zunehmendem Alter deutlich sinkt – beim Menschen im Laufe des Lebens um mehr als 80 Prozent. „Um herauszufinden, ob der beobachtete Rückgang der Taurinkonzentration zum Altern beiträgt, haben wir 14 Monate alten Mäusen täglich Taurin in einer Konzentration von 1000 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht verabreicht“, erklärt das Forschungsteam. Diese Taurinmenge erhöht die Konzentration des Nährstoffs im Blut der mittelalten Mäuse auf das Niveau von vier Wochen alten Jungtieren.

„Unabhängig von ihrem Geschlecht lebten die mit Taurin gefütterten Mäuse länger als ihre Artgenossen aus der Kontrollgruppe“, berichten Singh und sein Team. Weibchen aus der Tauringruppe lebten zwölf Prozent länger, Männchen zehn Prozent länger, also etwa drei bis vier Wochen. Hochgerechnet auf die menschliche Lebensspanne entspräche das sieben bis acht Jahren. In weiteren Versuchen zeigte das Team, dass Taurin auch die Lebensspanne von Fadenwürmern verlängert, wobei höhere Dosen wirksamer waren als niedrige. „Eine sinnvolle Anti-Aging-Therapie sollte aber nicht einfach das Leben verlängern, sondern vor allem die gesunde Lebensspanne“, erklären die Forschenden. Deshalb untersuchten sie bei den Mäusen zahlreiche Gesundheitsparameter. Und tatsächlich: „Wir stellten eine verbesserte Funktion von Knochen, Muskeln, Bauchspeicheldrüse, Gehirn, Fett, Darm und Immunsystem fest, was auf eine insgesamt längere gesunde Lebensdauer hindeutet.“

Das Ergebnis bestätigten die Singh und sein Team in Versuchen mit Rhesusaffen mittleren Alters, die ein halbes Jahr lang täglich 250 Milligramm Taurin pro Kilogramm Körpergewicht erhielten – die Äquivalentdosis zu 1000 Milligramm bei Mäusen. Auf zellulärer Ebene analysierten sie, durch welche Mechanismen Taurin die Gesundheit und die Lebensdauer erhöht. „Taurin wirkte sich positiv auf mehrere Kennzeichen des Alterns aus“, berichtet das Team. „Taurin reduzierte die zelluläre Alterung, schützte vor Telomerase-Mangel, unterdrückte Fehlfunktionen der Mitochondrien, verringerte DNA-Schäden und dämpfte Entzündungen.“

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Hinweise auf Übertragbarkeit auf den Menschen

Ob diese Ergebnisse auf Menschen übertragbar sind, ist bislang unklar. Erste Hinweise liefert eine weitere Analyse der Forschenden: Bei der Auswertung der Gesundheitsdaten von fast 12.000 Teilnehmern einer großen Kohortenstudie stellten sie fest, dass Personen mit niedrigen Taurinkonzentrationen eher zu Übergewicht, Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck neigen. „Es handelt sich um Assoziationen, die keine Kausalität begründen“, sagt Singhs Kollege Vijay Yadav. „Aber die Ergebnisse stimmen mit der Möglichkeit überein, dass Taurinmangel zur Alterung des Menschen beiträgt.“

In einer weiteren Untersuchung stellten Singh und sein Team überdies fest, dass sowohl bei sportlichen als auch bei eher unsportlichen Personen körperliche Aktivität zu einem signifikanten Anstieg des Taurinspiegels führte. „Unabhängig von der Person hatten alle einen erhöhten Taurinspiegel nach dem Training, was darauf hindeutet, dass ein Teil der gesundheitlichen Vorteile des Trainings auf eine Erhöhung des Taurinspiegels zurückzuführen sein könnte“, sagt Yadav

Empfehlungen wären verfrüht

Für Empfehlungen zu einer möglichen Nahrungsergänzung mit Taurin ist es aber noch zu früh. „Obwohl die Einnahme von Taurin als relativ sicher gilt, gibt es derzeit keine Studien, die eine Taurinaufnahme in so hohen Dosen über einen längeren Zeitraum verfolgt haben“, erklärt Sebastian Grönke vom Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns in Köln, der nicht an der Studie beteiligt war. „Daher würde ich derzeit auf jeden Fall von Selbstversuchen abraten.“

Auch Joseph McGaunn und Joseph Baur von der University of Pennsylvania in Philadelphia schreiben in einem begleitenden Kommentar zu der Studie, der ebenfalls in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde: „Eine ausschließliche Konzentration auf die Erhöhung der Taurinmenge in der Nahrung birgt die Gefahr, dass falsche Ernährungsentscheidungen getroffen werden.“ Sie weisen darauf hin, dass gerade eine pflanzenreiche Ernährung, die typischerweise arm an Taurin ist, mit menschlicher Gesundheit und Langlebigkeit in Verbindung gebracht wird. „Wie jede Intervention sollte daher auch die Taurin-Supplementierung mit dem Ziel, die menschliche Gesundheit und Langlebigkeit zu verbessern, mit Vorsicht genossen werden.“

Quelle: Parminder Singh (Nationales Institut für Immunologie, Neu-Delhi, Indien) et al., Science, doi: 10.1126/science.abn9257

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