Im Internet, in sozialen Netzwerken und durch die Werbung werden wir mit einer Flut von Fotos konfrontiert. Klar ist: Viele von ihnen sind keine wirklichen Originale. Bildbearbeitungsprogramme machen es sogar für Laien verlockend einfach, Fotos zu “frisieren”: Schattige Bereiche lassen sich etwa gezielt aufhellen, Falten weichzeichnen oder schiefe Perspektiven gerade ziehen. Mit einem speziellen Bearbeitungs-Tool kann man zudem beispielsweise eine hässliche Mülltonne aus dem Bild verschwinden lassen… und Einfügen geht auch: “Wäre es nicht nett, wenn da noch ein Fischerboot im Hintergrund schwimmen würde?” Kein Problem – es wird per “Copy & Paste” aus einem anderen Foto auf die eigentlich leere Wasserfläche des Zielbildes gemogelt.
Meist sind die Manipulationen harmlos, aber die Möglichkeiten der Bildbearbeitung lassen sich natürlich auch für Betrügereien oder Meinungsmache missbrauchen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit Betrachtern solche Manipulationen auffallen. Können sie erkennen, dass an einem Bild etwas komisch ist oder sogar den Finger auf die manipulierte Stelle legen? Diesen Fragen sind nun Forscher der University of Warwick (UK) nachgegangen.
Wurde an diesem Bild gefummelt und wo?
Sie entwickelten dazu ein Online-Testsystem, dessen Grundlage ein Sortiment von 40 Bildern bildete, die aus zehn Originalbildern entstanden waren. Sechs der ursprünglichen Bilder wurden fünf verschiedenen Arten von Veränderungen unterzogen, um letztlich 30 manipulierte Bilder zu erzeugen. Beispielweise wurden Bildteile künstlich aufgehellt, Elemente entfernt beziehungsweise hinzugefügt oder Perspektiven von Bereichen des Fotos verändert.
Den Teilnehmern des Online-Tests wurden zehn zufällig ausgewählte Bilder des Sortiments präsentiert. Insgesamt umfasste die Auswahl stets alle fünf Manipulationstypen sowie fünf unveränderte Originalbilder. Es wurde zunächst gefragt: “Glauben Sie, dass dieses Foto digital verändert wurde oder nicht?” Anschließend sollten die Teilnehmer dann den Bereich auf dem Foto durch einen Ausschnitt markieren, in dem sie die Manipulation zu erkennen glaubten.
Kein gutes Auge für Manipulationen
Die Auswertungen ergaben: Im Durchschnitt waren die Probanden nur wenig mehr als zufällig in der Lage, ein manipuliertes Bild zu identifizieren. Oft war es auch nur ein wages Gefühl, dass mit einem der Bilder etwas nicht stimmt. Nur in 45 Prozent der Fälle konnten die Testteilnehmer tatsächlich korrekt verorten, wo auf dem Bild gefummelt worden war. “Wir haben festgestellt, dass unlogische Manipulationen (beispielsweise ein falscher Schattenwurf) vergleichsweise stark wahrgenommen werden, aber auch nicht konkreter”, so Co-Autorin Kimberley Wade von der University of Warwick. “Die Probanden konnten diese nicht besser auf dem Bild lokalisieren als plausible Manipulationen (beispielsweise künstliche Aufhellungen)”.
Zur Bedeutung der Ergebnisse sagt Wade: “Bilder haben einen starken Einfluss auf unsere Erinnerungen. Wenn Menschen also nicht zwischen echten und gefälschten Details in Fotos unterscheiden können, können Manipulationen entscheidend beeinflussen, an was wir uns zu erinnern glauben”. Aufbauend auf ihre Ergebnisse wollen die Forscher nun konkrete Ratschläge erarbeiten, die Menschen helfen sollen, Fotomanipulation besser zu erkennen.
Links das Original, rechts eine bearbeitete Version eines Beispielfotos. Beim direkten Vergleich wird deutlich, was an dem Bild aufgehellt, verzerrt, gelöscht oder eingefügt wurde.