Wenn das richtige Lied im Radio läuft, kann uns das von jetzt auf gleich in gute Stimmung versetzen. Doch warum eigentlich? Was ist über die neurologischen Grundlagen dieses Effekts bekannt? Aus Experimenten geht hervor: Für die Hochgefühle ist in erster Linie der Botenstoff Dopamin verantwortlich. Seine Ausschüttung im Gehirn führt nicht nur dazu, dass uns Musikhören glücklich macht. Die Freisetzung des Glückshormons verursacht auch, dass wir es immer und immer wieder tun wollen.
Wohl kaum ein äußerer Reiz kann unsere Stimmung so stark und unmittelbar beeinflussen wie die Musik: Sie bringt uns zum Weinen, weckt Erinnerungen – oder verursacht regelrechte Hochgefühle. Diese Wirkung ist so angenehm, dass wir im Alltag immer wieder danach streben. Wir drehen das Radio auf, wenn unser Lieblingslied läuft, singen gemeinsam im Chor oder gehen ins Konzert. “Durch komplexe akustische oder visuelle Reize wie Musik und Kunstwerke Freude erfahren zu können, gehört zu den besonders faszinierenden Eigenschaften des Menschen”, schreiben Laura Ferreri von der Universität Barcelona und ihre Kollegen. Wie aber lässt sich dieses Phänomen erklären? Um das herauszufinden, haben die Wissenschaftler untersucht, was beim Musikhören im Gehirn passiert.
Glückshormon im Fokus
Dabei interessierte sie vor allem die Rolle des als Glückshormon bekannten Botenstoffs Dopamin – einem Neurotransmitter, der eine Schlüsselrolle für unser Belohnungssystem spielt. Gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen dieser Substanz und dem positiven Gefühl, das viele Menschen mit Musik verbinden? Dies testeten die Forscher mit 27 Probanden, denen sie im Abstand von mindestens einer Woche einmal die Dopamin-Vorstufe Levodopa, einmal ein Placebo und einmal den Dopaminblocker Risperidon verabreichten. Letzterer blockiert im Gehirn die durch das Glückshormon vermittelten Signalwege.
Nach jeder Medikamentengabe folgte dann das eigentliche Experiment: Den Teilnehmern wurde Musik vorgespielt. Dabei bekamen sie ihre persönlichen Lieblingssongs sowie zehn weitere, von Ferreris Team ausgewählte Lieder zu hören. Während sie der Musik lauschten, sollten die Probanden dieses Erlebnis bewerten: Wie gut fühlten sie sich durch das Hören der jeweiligen Songs? Wären sie bereit, das gehörte Lied käuflich zu erwerben – und wenn ja, zu welchem Preis? Außerdem untersuchten die Wissenschaftler die Körperreaktionen der Probanden über die Messung der Hautleitfähigkeit. Mit dieser Methode lassen sich unter anderem emotionale Erregungszustände messen, weil positive Gefühle oder Stress die Schweißsekretion verändern und somit auch die Leitfähigkeit der Haut.
Keine Gänsehaut
Die Ergebnisse zeigten: Wurde die Wirkung des Dopamins im Gehirn durch Risperidon blockiert, veränderte sich das Musikerlebnis für die Teilnehmer deutlich. So empfanden sie die Musik als weniger angenehm und waren auch nicht motiviert, besonders viel Geld für den Erwerb der gehörten Stücke auszugeben. Dies zeigte sich auch an ihren körperlichen Reaktionen, wie Ferreri und ihre Kollegen berichten. Demnach ließ sich das verminderte Glücksempfinden neben der veränderten Hautleitfähigkeit noch an einem weiteren interessanten Detail ablesen: Die Musik löste bei den Testpersonen keine Gänsehaut aus – ein typisches Zeichen nicht nur für Kälte, sondern auch für positive Erregung.
Ganz anders sah dies bei der Gabe von Levodopa aus. Wurde die Dopamin-Verfügbarkeit durch dieses Mittel künstlich erhöht, entfaltete die Musik eine noch stärkere Wirkung als normalerweise. Die Probanden verspürten mehr Hochgefühle und gaben großzügig Geld aus. “Sie waren also motiviert, die Musik noch einmal zu hören”, schreibt das Team. Auch ihre Körperreaktionen offenbarten, dass die Musik sie berührte. “Damit konnten wir einen direkten Zusammenhang zwischen Dopamin, durch Musik ausgelöste Freude und Motivation belegen”, konstatieren die Forscher. “Ein Musikstück zu genießen, es wieder hören zu wollen und bereit zu sein, dafür Geld auszugeben – das alles hängt mit der Ausschüttung von Dopamin zusammen”, schließt Co-Autor Antoni Rodríguez Fornells.
Quelle: Laura Ferreri (Universität Barcelona) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.1811878116