Windenergie ist ein wichtiger Baustein in der Energiewende, um fossile Rohstoffe zu ersetzen und Klimaneutralität zu erreichen. Zu Windrädern kursieren allerdings viele Falschinformationen, die ihre gesellschaftliche Akzeptanz und damit das Klimaziel untergraben. Obwohl diese Behauptungen widerlegt oder nur teilweise richtig sind, greifen viele Menschen die Fake-News auf: In repräsentativen Umfragen stimmten über ein Viertel der Befragten mehreren pauschalen Falschinformationen zur Windkraft zu. Dabei fehlt es den Befürwortern nicht an Wissen. Vielmehr wollen sie den Aussagen glauben, weil sie zu ihrer Weltanschauung passen – was eine faktenbasierte Diskussion über Windkraftanlagen erschwert.
Um ihre Emissionen zu senken, fossile Energieträger zu ersetzen und ihre Klimaziele zu erreichen, wollen viele westliche Länder die Windenergie ausbauen. Denn vieles spricht für Windräder als Quelle nachhaltiger Energie. Im fachlichen und öffentlichen Diskurs gibt es durchaus sachliche Argumente und Diskussionen darüber, wann Windkraft Vor- oder Nachteile mit sich bringt. Daneben kursieren allerdings auch viele falsche oder irreführende Behauptungen zu Windparks. Sie sollen beispielsweise umwelt- und gesundheitsschädlich sein oder sich wirtschaftlich nicht rentieren.
Obwohl diese Behauptungen bei näherer Betrachtung nicht oder nur unter speziellen Umständen zutreffen, werden sie pauschal und undifferenziert geteilt. Doch wie stark beeinflussen diese Falschinfos die Akzeptanz gegenüber Windkraft in der Bevölkerung? „Bisher war wenig darüber bekannt, in welchem Ausmaß Menschen Falschinformationen über Windräder zustimmen“, sagt Kevin Winter von der Universität Hohenheim.
Falschinfos und Ablehnung zu Windkraft gehen Hand in Hand
Zusammen mit seinem Team hat Winter dies nun untersucht. Dafür führten die Forschenden in Australien, Großbritannien und den USA sechs repräsentative Umfragen mit insgesamt über 6000 Teilnehmenden durch. Das Ergebnis: Über ein Viertel der Befragten stimmte mindestens der Hälfte der 16 genannten falschen oder irreführenden Behauptungen über Windräder zu. So glauben in den englischsprachigen Ländern beispielsweise etwa 20 Prozent der Befragten falsche Aussagen über vermeintliche Gesundheitsrisiken durch Windkraftanlagen. Etwa 40 Prozent gehen von geheimen Machenschaften und manipulierten Informationen beim Ausbau der Windenergie aus. In Deutschland liegen die Zustimmungswerte etwas niedriger, wie der Vergleich mit einer zuvor durchgeführten Pilot-Umfrage ergab.
„Überrascht hat uns, dass die Zustimmung zu thematisch sehr unterschiedlichen falschen Aussagen von den gleichen Personen kam“, berichtet Seniorautor Kai Sassenberg vom Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) in Trier. Wer glaubt, Windräder hätten einen schädlichen Einfluss auf die Gesundheit, stimmt beispielsweise auch eher der Behauptung zu, die Anlagen seien ökonomisch ineffizient – obwohl die beiden Aussagen logisch nicht miteinander verknüpft sind. Wer solchen Aussagen zustimmt, unterstützt zudem seltener politische Maßnahmen zum Ausbau der Windkraft und ist eher bereit, gegen den Bau von Windrädern zu protestieren, wie das Team herausfand.
Keine Frage der Bildung
Ob jemand Falschinformationen über Windparks zustimmt, hängt vor allem von seiner Weltanschauung ab, wie aus den Umfragen ebenfalls hervor geht. Wer generell dazu neigt, hinter gesellschaftlichen Ereignissen Verschwörungen zu vermuten, stimmt den Falschinformationen eher zu, berichtet das Team. Gegen diese Weltsicht kommen Wissen und Bildung nicht an: Befragte, die über ausgeprägte wissenschaftliche Kenntnisse über Windkraft verfügen, stimmten in den Umfragen beinahe ebenso häufig Falschinfos zu wie uninformierte Menschen. Auch der Bildungsgrad der Befragten wirkte sich nicht auf deren Einstellung aus.
Das erklärt, warum sich Falschinfos trotz Aufklärungskampagnen hartnäckig halten. „Es dürfte schwierig sein, Falschinformationen allein durch das Bereitstellen von Fakten zu begegnen, solange diese nicht ins Weltbild der Menschen passen“, schlussfolgert Winter. Um Menschen mit einer ablehnenden Haltung gegenüber Windrädern zu überzeugen, könnte es nach Ansicht der Forschenden stattdessen vielversprechender sein, in Kampagnen die persönlichen Vorteile für die Bürger aufzuzeigen – zum Beispiel finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten. Zudem plädieren Winter und seine Kollegen für eine andere Art der Wissensbildung: „Ein erfolgversprechenderer Ansatz für die naturwissenschaftliche Bildung scheint die Förderung der Fähigkeiten zu sein, die zur Bewertung wissenschaftlicher Erkenntnisse erforderlich sind, und nicht die bloße Vermittlung von Fakten“, schreibt das Team.
Quelle: Kevin Winter (Universität Hohenheim) et al.; Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-024-53278-2