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Testosteron beeinflusst Großzügigkeit

Gesellschaft|Psychologie

Testosteron beeinflusst Großzügigkeit
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Wie großzügig jemand teilt, scheint auch vom Testosteronspiegel abhängig zu sein. (Bild: ronstik/ iStock)

Das Geschlechtshormon Testosteron beeinflusst offenbar, wir großzügig wir anderen gegenüber sind. In einer Studie behielten Probanden, denen zuvor Testosteron verabreicht wurde, bei Entscheidungsaufgaben mehr Geld für sich, während Teilnehmer aus der Placebogruppe andere stärker bedachten. Überdies verändert das Hormon die Hirnaktivität: Unter Einfluss von Testosteron ist eine Verbindung zwischen Scheitel- und Schläfenlappen, die mit Rücksichtnahme in Verbindung gebracht wird, weniger aktiv.

Soziales Verhalten gegenüber Mitmenschen sorgt dafür, dass menschliche Gesellschaften funktionieren und allen Beteiligten nützen. Wie großzügig und hilfsbereit der Einzelne ist, hängt jedoch von vielen verschiedenen Faktoren ab und schwankt beträchtlich. Bereits frühere Studien haben Hinweise darauf geliefert, dass Geschlechtshormone wie Testosteron dabei eine Rolle spielen. Im Gehirn geht die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen und Rücksicht zu nehmen, mit einer Aktivierung der sogenannten temporoparietalen Verbindung einher, dem Übergangsbereich zwischen Scheitel- und Schläfenlappen.

Soziale Beziehung spielt eine Rolle

Ein Team um Jianxin Ou von der Shenzhen University in China hat nun den Einfluss von Testosteron auf Verhalten und Gehirnaktivität mit einem kombinierten Ansatz untersucht. Dazu ließen sie 67 junge Männer Entscheidungsaufgaben lösen, bei denen sie einen bestimmten Geldbetrag entweder komplett für sich behalten oder mit einer mehr oder weniger nahestehenden Person teilen konnten. Währenddessen beobachteten die Forscher die Hirnaktivität der Probanden im funktionellen MRT. Bei einem Teil der Probanden hatten Ou und Kollegen zuvor den Testosteronspiegel erhöht, indem sie ihnen ein testosteronhaltiges Gel auf Arme und Schultern strichen. Eine Vergleichsgruppe erhielt stattdessen ein Gel ohne Wirkstoff. Weder die Forscher noch die Probanden wussten während der Durchführung, wer welches Gel bekommen hatte.

„Wir haben festgestellt, dass Testosteron zu egoistischeren Entscheidungen führt, insbesondere wenn es um Personen geht, zu denen der Proband keine enge Beziehung hat“, berichten die Forscher. Bei sehr nahestehenden Personen wie Eltern, Geschwistern oder Lebenspartnern entschieden sich Probanden aus beiden Gruppen häufig zum Teilen, wobei sich die Teilnehmer unter erhöhtem Testosteroneinfluss geringfügig weniger großzügig zeigten. Ein deutlicher Unterschied zeigte sich hingegen bei weniger engen Kontakten, etwa Freunden, flüchtigen Bekannten oder Fremden. Hier waren die Probanden, die das Testosterongel erhalten hatten, deutlich weniger bereit, auf eigenen Gewinn zu verzichten, damit der andere auch etwas bekam – selbst wenn die ausgezahlte Gesamtsumme in diesem Fall höher gewesen wäre.

Hirnbereiche für Altruismus weniger aktiv

Die MRT-Scans verrieten den Forschern, was während dieser Entscheidungen im Gehirn der Probanden vor sich ging. Bei Personen, die das Placebogel erhalten hatten, zeigte sich während großzügiger Entscheidungen eine deutliche Aktivierung der temporoparietalen Verbindung im Gehirn. „Diese Hirnregion wird aktiviert, wenn wir uns in andere hineinversetzen“, erläutern die Forscher. „Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Perspektivübernahme, bei moralischen Urteilen und bei der Verortung des eigenen Ichs im Verhältnis zu anderen.“

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Bei Personen, die Testosteron erhalten hatten, war die temporoparietale Verbindung dagegen während der Entscheidungen weniger aktiv. Auch die Verbindung zu anderen Hirnregionen wie der Insula und dem Striatum war abgeschwächt. Diese Hirnregionen sind unter anderem an Sinneswahrnehmungen und der Kontrolle von Bewegungsabläufen beteiligt. „Zusammengenommen deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass ein Netzwerk, das sowohl Bereiche im Großhirn als auch unterhalb der Großhirnrinde umfasst, die Auswirkungen von Testosteron auf soziale Präferenzen untermauert“, schreiben die Ou und Kollegen.

Was ist mit Frauen?

Einschränkend merken sie an, dass an ihrer Studie ausschließlich junge Männer zwischen 18 und 25 Jahren teilgenommen haben. Inwieweit die Ergebnisse beispielsweise auf Frauen übertragbar sind, lässt sich anhand der Daten nicht aussagen. Überdies wurden die tatsächlichen Testosteronwerte der Teilnehmer nicht gemessen, sodass es denkbar ist, dass Teilnehmer, die unabhängig vom Testosterongel einen besonders hohen oder niedrigen Spiegel des Geschlechtshormons aufweisen, die Ergebnisse verzerrt haben. Auch Persönlichkeitsmerkmale der Teilnehmer wurden nicht erhoben. Weitere Studien könnten hier Klarheit liefern.

Quelle: Jianxin Ou (Shenzhen University, China) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.2021745118

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