Bestechendes Wissen
Ist das sozialwissenschaftliche Phänomen der Korruption in Deutschland eine Wachstumsbranche? Fast könnte man es meinen. Ob bei Infinion, Volkswagen, Allianz-Arena, Schleichwerbung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen – Korruption scheint in der Wirtschaft allgegenwärtig.
Wenn eine neue Affäre ans Licht kommt, wird oft Britta Bannenberg nach ihrer Meinung gefragt. Denn die Jura-Professorin von der Universität Bielefeld hat als erste systematisch untersucht, wie bestechlich die Republik ist. „ Wirtschaftskorruption ist in Deutschland weit verbreitet. In der Baubranche etwa ist Bestechung absolut üblich”, fasst die 41-Jährige das Ergebnis ihrer Habilitation zusammen.
Was man in den Medien hört und liest, ist aber nur die Spitze des Eisberges. Die Dunkelziffer sei sehr viel höher, sagt Bannenberg. Vielfach sei die Bestechung hausgemacht. „In Unternehmen zählt nur, wer erfolgreich ist. Da hilft ein bisschen Schmiergeld oft weiter. Das weiß man in den Chefetagen, und es wird still geduldet, solange es nicht auffällt.”
Ihre Analysen machten Bannenberg hierzulande zur gefragten Interviewpartnerin – anderenorts zur unerwünschten Person. Als sie auf einer Konferenz in Riga über lettische Korruption sprach, wurde sie zur Persona non grata. „Das hat mich sehr überrascht”, sagt Bannenberg. Um so mehr freute sie sich, als ihr lettischer Vermieter ihr nach dem Kongress einen großen Fliederstrauß überreichte und sagte, er sei sehr stolz, dass die Frau Professor bei ihm wohne.