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Meditationseffekt spiegelt sich im Haar wider

Stressreduktion

Meditationseffekt spiegelt sich im Haar wider
Nach sechs Monaten Training war die Cortisol-Menge in den Haaren von Probanden deutlich gesunken. (Bild: fizkes/iStock)

Signatur eines entspannteren Lebens: Die Wirkung von mentalem Training lässt sich durch einen Rückgang der Konzentration des Stresshormons Cortisol im Haar nachweisen, berichten Forscher. Bisher waren die Belege von positiven Effekten dieser Praktiken eher subjektiv oder punktuell. Das physiologische Nachweisverfahren liefert nun hingegen einen objektiven und langfristigen Beleg dafür, dass Menschen ihr oft gesundheitsschädliches Belastungsniveau durch regelmäßiges Meditationstraining verbessern können.

Überforderung im Beruf und Privatleben, Ängste, Einsamkeit…: Die Ursachen von chronischem Stress sind vielfältig und auch die persönliche Anfälligkeit ist bekanntlich sehr unterschiedlich. Betroffene leiden dabei in komplexer Weise: Sie verlieren nicht nur an Lebensqualität, sondern müssen auch mit gesundheitlichen Folgen rechnen. Denn Dauerstress kann zu psychologischen Störungen wie Burnout und Depressionen führen sowie das Risiko für verschiedene körperliche Erkrankungen deutlich erhöhen, zeigen Studien. Möglichkeiten zur Linderung der Stressbelastung sind deshalb gefragt. Die Auslöser zu beseitigen, ist dabei nicht immer möglich – aber von innen heraus lässt sich etwas bewirken, heißt es: Als altbewährte Verfahren dazu gelten mentale Trainings – verschiedene Meditations- und Verhaltensübungen, durch die kognitive und soziale Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Dankbarkeit und Mitgefühl gestärkt werden.

Objektives Nachweisverfahren

Neben den persönlichen Erfahrungen konnten Studien bereits belegen, dass sich Menschen nach einem typischen achtwöchigen Trainingsprogramm weniger gestresst fühlen. Doch bisher waren die Nachweise dabei eher subjektiv: Die Studienteilnehmer bewerteten meist ihr Stressniveau im Anschluss an das Training mithilfe von Fragebögen. Dabei kann es durch Faktoren wie soziale Erwünschtheit und Placebo-Effekte zu Verzerrungen kommen, erklären die Forscher um Lara Puhlmann vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig (MPI CBS). „Die Teilnehmer wissen, dass sie das ‚Gegenmittel‘ zu sich nehmen, was sich auf ihre Wahrnehmung auswirken kann. In der Achtsamkeitsforschung nutzen wir daher zunehmend objektivere, also physiologische Methoden, um die stressreduzierende Wirkung präziser messen zu können“, sagt Puhlmann.

Im Rahmen ihrer Studie haben die Wissenschaftler nun die Konzentration von Cortisol im Haar als Messgröße für die Belastung durch anhaltenden Stress genutzt. Dieses Hormon mobilisiert Energie, um Herausforderungen zu bewältigen, kann sich aber auf Dauer ungünstig auswirken. Je länger der Stress anhält, umso länger zirkulieren große Mengen Cortisol im Körper – und desto mehr sammelt es sich dann auch in Haarstrukturen an. Um das Stressniveau der Studienteilnehmer während eines neunmonatigen Trainings zu messen, analysierten die Forscher die Cortisol-Menge alle drei Monate jeweils in den ersten drei Haar-Zentimetern. Das Trainingsprogramm bestand dabei aus westlichen und fernöstlichen Konzepten der mentalen Übung. Drei Gruppen von jeweils rund 80 Teilnehmern absolvierten die Trainingsmodule in unterschiedlicher Reihenfolge. Trainiert wurde für bis zu neun Monate, 30 Minuten täglich, sechs Tage die Woche.

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Weniger Stresshormonbelastung

Aus den Analysen ging hervor: Nach sechs Monaten Training war die Cortisol-Menge in den Haaren der Probanden im Durchschnitt um 25 Prozent gesunken und blieb dann auf diesem reduzierten Niveau. Dabei schien der Effekt nicht von den jeweiligen Konzepten und Inhalten des Trainings abzuhängen. Möglicherweise sind also mehrere der untersuchten mentalen Ansätze ähnlich effektiv, um den Umgang mit chronischem Alltagsstress zu verbessern, sagen die Forscher. Im Detail zeigte sich, dass in den ersten drei Monaten zunächst nur leichte Effekte der Trainingseinheiten zu verzeichnen waren, die sich dann aber in den darauffolgenden drei Monaten verstärkten.

Wie die Wissenschaftler erklären, zeichnet sich darin offenbar der Effekt ab, dass erst eine ausreichend lange Übungsphase mit dem jeweiligen mentalen Verfahren zu den gewünschten Stress-reduzierenden Wirkungen führt. Die Studie rundet damit frühere Ergebnisse bei den gleichen Probanden ab, berichten die Forscher: Dabei hatten sie Auswirkungen des Trainings auf den Umgang mit akuten Stresssituationen anhand von Cortisol-Schüben im Speichel untersucht. Dazu wurden die Teilnehmenden in eine stressige Gesprächssituation versetzt und sollten schwierige Matheaufgaben unter Beobachtung lösen. Dabei zeigte sich, dass Personen, die ein sozio-kognitives oder -affektives Training absolviert haben, bis zu 51 Prozent weniger Cortisol unter Stress bilden als untrainierte.

Unterm Strich konnte das Team damit nun anhand physiologischer Messwerte belegen, dass mentales Training den Umgang mit Stress akut, aber auch langfristig günstig beeinflussen kann. “Wir gehen davon aus, dass für diese verschiedenen Formen von Stress unterschiedliche Trainingsaspekte besonders hilfreich sind“, sagt Co-Autorin Veronika Engert vom MPI CBS. „Weltweit gibt es viele mentale und physische Erkrankungen, die direkt oder indirekt mit Langzeitstress zusammenhängen“, sagt Puhlmann. „Wir müssen deshalb auch weiterhin daran arbeiten, den Auswirkungen von chronischem Stress präventiv entgegenzuwirken“, so die Wissenschaftlerin.

Quelle: Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften, Fachartikel:
Psychosomatic Medicine, doi: 10.1097/PSY.0000000000000970

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