Die Wissenschaft brüstet sich gerne damit, welch langjährige Forschung sie oftmals betreibt, um die Welt ein kleines Stückchen besser zu machen. Auch im Zuge der Impfungen gegen Covid-19 hat sich in der Öffentlichkeit eine emotionale Diskussion darüber entfacht. Doch gerade in der Medizin ist es wichtig, neuen Medikamenten genau auf den Grund zu gehen, bevor sie auf die breite Masse losgelassen werden. Im Laufe der Geschichte haben sich manche Errungenschaften aber auch einfach zufällig ergeben. Es hätte auch alles ganz anders kommen können.
Ein geschmolzener Schokoriegel ist schuld an der Mikrowelle
Heutzutage darf sie in kaum einer Küche fehlen: Die Mikrowelle. Fertiggerichte lassen sich damit innerhalb kürzester Zeit zubereiten. Dadurch hat diese Erfindung unsere Ernährungsgewohnheiten revolutioniert. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Tiefkühlkost beträgt in Deutschland jährlich annähernd 50 Kilogramm.
Gesund ist das nicht unbedingt. Zwar ist mittlerweile widerlegt, dass die Nährstoffe durch die lange Lagerung verlorengehen, doch die in der Mikrowelle aufgewärmten Tiefkühlprodukte enthalten in der Regel viele Salze, Fette und Geschmacksverstärker.
Doch zurück zu der Erfindung: Ursprünglich arbeitete der Ingenieur Percy Spencer für das US-amerikanische Unternehmen Raytheon an der Entwicklung eines Magnetrons, das eigentlich für den Einsatz in Radarsystemen gedacht war.
Nachdem Spencer allerdings sein Schokoriegel in der Hose schmolz, als er neben dem Gerät stand, kam er schließlich auf die revolutionäre Idee, dass sich damit auch andere Lebensmittel in Sekundenschnell aufheizen lassen müssten. Kurzum testete er das Magnetron auch mit weiteren Lebensmitteln und alle wurden heiß und der Mikrowellenherd war erfunden.
Das Geheimnis des Porzellans
Auch heute lieben es die Menschen, ihre Nahrung aus schönem Geschirr zu essen. Wer beispielsweise mediterrane Bowlschalen in seiner Sammlung hat, isst daraus viel lieber seinen gesunden Salat als aus einer minderwertigen Kunststoff-Schale.
Der alte Spruch „Das Auge isst mit“ ist schließlich mittlerweile auch wissenschaftlich erwiesen. Bei einem entsprechenden Versuch wurde den Testpersonen Apfelsaft in drei unterschiedlichen Farben angeboten. Einmal wurde der Saft in seiner natürlichen Farbe belassen, die anderen beiden Säfte wurden rot beziehungsweise grün gefärbt. Obwohl die Farbstoffe keine geschmacklichen Auswirkungen hatten, gaben viele Tester an, Johannisbeersaft oder Kiwisaft getrunken zu haben.
Auch Tee schmeckt aus einer Porzellanschale wesentlich besser als aus einer einfachen Tasse. Das wussten die Chinesen bereits im 7. Jahrhundert. Sie hüteten allerdings das Geheimnis der Porzellanherstellung sehr lange Zeit für sich.
Erst durch Zufall kam schließlich der Alchimist Johann Friedrich Böttger der Rezeptur auf die Schliche. Eigentlich wollte er Gold für den sächsischen Kurfürsten herstellen und versuchte sich dabei an den unterschiedlichsten Stoffen. Darunter war auch eine Mischung aus gemahlener Tonerde mit Quarz, Feldspat und Wasser, die Böttger einfach im Ofen brannte. Gold entstand daraus zwar keines, aber seit diesem Zeitpunkt wissen auch die Europäer, wie die Porzellanherstellung funktioniert.
Rache kann auch salzig sein
„Rache ist süß“ lautet ein altes Sprichwort. Der Koch George Crum wollte sie hingegen lieber salzig angehen. Er war nämlich ziemlich genervt von seinem Gast, dem berühmten Eisenbahnmagnaten Cornelius Vanderbilt, der die Bratkartoffeln immer wieder in die Küche zurückschickte, weil sie ihm zu dick geschnitten waren.
Kurzerhand schnitt Crum die Kartoffeln schließlich hauchdünn und frittierte sie. Eigentlich wollte er damit erreichen, dass Vanderbilt die Scheiben nicht mehr mit der Gabel essen konnte. Das gelang ihm zwar, doch der Eisenbahnmagnat verwendete einfach seine Finger und war vom Geschmack und der Konsistenz der Kartoffelscheiben begeistert.
Reich wurde Crum mit dieser Erfindung allerdings nicht, denn die industrielle Herstellung begann erst rund 70 Jahre nach seiner Erfindung. Der US-amerikanische Handelsvertreter Herman Lay erfand eine Kartoffelschälmaschine, mit der sich die Chips in Massen produzieren ließen. Die Marke gibt es heute immer noch, sie befindet sich seit 1965 allerdings im Besitz des Getränke- und Lebensmittelkonzern PepsiCo.
In Europa tauchten die ersten Kartoffelchips übrigens in Wien auf. Im Jahr 1929 bot der Gastronom Karl Kolarik seine sogenannten „Rohscheiben“ im Schweizerhaus im Wiener Prater an und fand damit reißenden Absatz.
Der Ärger eines Jägers bescherte uns den Klettverschluss
Klettverschlüsse sind in der heutigen Zeit völlig normal und nicht mehr aus unserem Alltagsleben wegzudenken. Verwendung finden sie vor allem an Schuhen und anderen Bekleidungsstücken, doch auch in der Medizin spielen sie eine wichtige Rolle, beispielsweise zur Befestigung von Blutdruckmanschetten am Oberarm. Sogar in den Raumanzügen von Astronauten befinden sich an manchen Stellen Klettverschlüsse.
Dem Schweizer Ingenieur Georges de Mestral waren die Kletten auf seinen zahlreichen Jagdausflügen aber vor allem eines: Ein Ärgernis. Denn sie blieben ständig an seiner Kleidung und im Fell seines Jagdhundes hängen und ließen sich auch nur sehr schwer wieder entfernen.
Erst nach einiger Zeit wurde ihm klar, dass die Klette eigentlich ein geniales System der Natur ist, das sich mit seinen kleinen und elastischen Häkchen auch wunderbar dazu nutzen lassen könnte, Dinge auf einfache Art und Weise miteinander zu verschließen.
Fans der Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“ kennen allerdings eine andere Version der Erfindung. Denn laut dieser geht die Erfindung des Klettverschlusses auf die Vulkanier zurück. Mister Spock lässt grüßen.
Der Zufall spielt in der Wissenschaft eine wichtige Rolle
Von Zufall wird in der Wissenschaft immer dann gesprochen, wenn ein Ereignis nicht vorhersehbar ist. Grundsätzlich gibt es die Wissenschaft auch deswegen, um den Zufall weitestgehend auszuschließen.
Doch mittlerweile hat die Wissenschaft erkannt, dass das nicht möglich ist, weil der Zufall einfach ein Bestandteil unserer Natur ist. Spätestens seit der Quantenphysik ist den Naturwissenschaftlern klar, dass der Zufall im Mikrokosmos Regie führt. Das Ergebnis von Experimenten kann einfach nicht immer exakt vorausgesagt werden. Selbst wenn alle Gegebenheiten bekannt sind, können sich bei identischen Ausgangssituationen unterschiedliche Konsequenzen ergeben.
Dass der Mensch zum führenden Lebewesen auf der Erde aufstieg, hat er schließlich auch einer Menge an Zufällen zu verdanken. Wie hätte sich der Planet wohl entwickelt, wenn kein kosmischer Einschlag eines Asteroiden die Dinosaurier vollständig ausgerottet hätte? Wie hätten sich die winzigen Organismen auf der Erde vor rund 570 Millionen Jahren entwickelt, wenn die Erdtemperatur zwei Grad höher gewesen wäre. Eine Frage, die auch in der heutigen Zeit angesichts des Klimawandels von Interesse sein dürfte.
19.04.2022