Wie wirke ich auf meine Mitmenschen? Die Sorge um das eigene Image spielt im Sozialleben des Menschen bekanntlich eine große Rolle. Doch wann entwickeln sich entsprechende Verhaltensweisen? Eine Studie lässt tiefe Wurzeln vermuten: Bereits Zweijährige nehmen demnach wahr, dass man sie beurteilen könnte und passen ihr Verhalten entsprechend an, geht aus den Versuchen hervor.
Sehe ich gut aus? Wirke ich intelligent, originell, erfolgreich…? Welche Aspekte uns bei der Wirkung auf unsere Mitmenschen wichtig sind, unterscheidet sich individuell stark. Doch grundsätzlich ist klar: Menschen ist ihr Image in der Regel sehr wichtig. Die Sorge um den eigenen Ruf manifestiert sich dabei in unzähligen Formen, manchmal sogar regelrechten Blüten der Eitelkeit – von den Umsätzen der Kosmetik- und Modebranche bis hin zum ständigen Überprüfen, wie viele “Likes” ein Facebook-Eintrag sammelt.
“Es gibt etwas spezifisch Menschliches in der Art, wie wir dem beurteilenden Blick anderer gegenüber sensibel sind und wie systematisch und strategisch wir versuchen, die Wahrnehmung zu kontrollieren”, sagt Philippe Rochat von der Emory University in Atlanta. “Das Fundament unserer Sorge um das Image-Management und die Reputation bildet dabei die Angst vor Ablehnung – ein Hauptmotor der menschlichen Psyche.” Seine Co-Autorin Sara Valencia Botto ergänzt: „Wenn wir die menschliche Natur verstehen wollen, sollten wir wissen, wann und wie die Grundlage der Image-Pflege entsteht”. Dieser Frage sind beiden Psychologen in ihrer Studie experimentell nachgegangen.
An der Studie haben insgesamt 144 Kinder mit einem Durchschnittsalter von etwa 20 Monaten teilgenommen. Als Versuchsobjekt kam im Rahmen von Einzelsitzungen ein Roboter zum Einsatz. Im ersten Experiment zeigte einer der Forscher dem jeweiligen Kind zunächst, wie man den Roboter durch eine Fernbedienung steuert. Anschließend beobachtete er das Kind entweder demonstrativ mit einem neutralen Gesichtsausdruck oder wandte sich ab und gab vor, eine Zeitschrift zu lesen. Die Auswertungen des Aufzeichnungen der kleinen Probanden dokumentierten: Wenn die Kinder beobachtet wurde, zeigten sie mehr Hemmungen im Umgang mit der Fernbedienung, als wenn der Forscher nicht zusah.
Frühe Entwicklung zeichnet sich ab
Im zweiten Experiment verwendeten die Forscher dann zwei verschiedene Fernbedienungen. Während der Präsentator die erste benutzte, lächelte er und sagte: “Wow! Ist das nicht toll?” Als er hingegen die zweite Fernbedienung benutzte, runzelte er die Stirn und äußert sich negativ: “Uh-oh! Ups, oh nein!” Nachdem der Forscher das Kind eingeladen hatte, mit dem Spielzeug zu spielen, beobachtete er das Kind entweder erneut demonstrativ oder wandte sich der Zeitung zu. In diesem Fall zeigte sich: Die Kinder widmeten sich der positiv beurteilten Fernbedienung deutlich mehr, während sie beobachtet wurden. Die schlecht beurteilte Fernbedienung interessierte sie allerdings durchaus ebenfalls – diese benutzten sie allerdings bevorzugt, wenn der Forscher Zeitung las und nicht hinschaute. In Kontrollexperimenten konnten die Forscher in diesem Zusammenhang zeigen, dass die Kinder zwei Fernbedienungen, die gleich beurteilt wurden, auch gleich häufig nutzten – egal ob der Forscher zusah oder nicht.
Abgerundet wurde die Versuchsreihe durch ein weiteres Experiment, an dem zwei Präsentatoren beteiligt waren. Vor dem Kind benutzten sie nacheinander die gleiche Fernbedienung. Einer der Forscher lächelte dabei und vermittelte eine positive Beurteilung: “Toll! Das Spielzeug bewegte sich, wenn man die Fernbedienung benutzt“. Der zweite Forscher runzelte hingegen die Stirn und sagte: “Oh nein! Das Spielzeug bewegt sich ja, wenn man auf diese Fernbedienung drückt“. Das Kind wurde anschließend erneut eingeladen, mit dem Spielzeug zu spielen, während die beiden Forscher sich abwechselten – entweder beobachten oder dem Kind den Rücken zukehrten. Es zeigte sich: Die Kinder nutzten die Fernbedienung deutlich häufiger, wenn derjenige Forscher zuschaute, der die positive Beurteilung abgegeben hatte.
Den Forschern zufolge spiegelt sich in den Ergebnissen wider, dass schon Kleinkinder die Urteile anderer wahrnehmen und auch begreifen, dass sie entsprechend dieser Meinung beurteilt werden könnten. Als Reaktion passen sie dann ihr Verhalten an, um in den Augen des jeweiligen Meinungsträgers gut zu wirken. “Wir waren überrascht von der Flexibilität der Kinder gegenüber den Reaktionen anderer”, resümiert Botto.
Quelle: Emory Health Sciences, Developmental Psychology, doi: 10.1037/dev0000548