Wie kann man zur Halbzeit eines Bundesliga-Spiels mit möglichst geringem geistigem Aufwand den Sieger vorhersagen? Zwei Schritte genügen: Als Erstes schaut man, wie oft die beiden Mannschaften in der Vergangenheit gewonnen haben. Liegt eine deutlich vorn, tippt man auf sie. Ansonsten setzt man auf die mit dem besseren Halbzeit-Ergebnis. Die simple Methode liefert ebenso gute Prognosen wie ein aufwendiges mathematisches Standardverfahren, das sehr viel mehr Informationen berücksichtigt. Solche Faustregeln – vornehm: Heuristiken – verwenden alle Menschen immer wieder und mit beachtlichem Erfolg, argumentiert der Berliner Psychologieprofessor Gerd Gigerenzer. Häufig geschieht das auch intuitiv.
Gigerenzer verteidigt eloquent den Alltagsverstand gegen akademische Entscheidungen, bei denen alle Vor- und Nachteile sorgfältig abgewogen werden. Seine Beispiele reichen von der Börse über die Wahl der richtigen Schule bis zu Entscheidungshilfen für Ärzte bei der Frage, welcher Patient auf die Intensivstation gehört.
Dank der vielen Beispiele und Anekdoten liest sich das Buch blendend, wozu auch die löbliche Übersetzung beiträgt. Denn als Wissenschaftler von Weltformat hat der Direktor am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung sein Buch auf englisch verfasst. Allerdings: Einwände bügelt Gigerenzer sehr schnell nieder. Immerhin erwähnt er, dass seine Thesen in der Fachwelt umstritten sind – „noch”, wie er versichert. Jochen Paulus
Gerd Gigerenzer BAUCHENTSCHEIDUNGEN Bertelsmann, München 2007 284 S., € 19,95 ISBN 978-3-570-00937-6