Gleich vorneweg: Anders als es der Untertitel „Brisante Affairen, umstrittene Entscheidungen” nahe legt, hat der Humanbiologe Heinrich Zankl kein Insider-Wissen über die Nobelpreis-Vergabe anzubieten. Vergeblich sucht man in seinem Buch nach Beweisen dafür, dass Eitelkeiten, Seilschaften oder gar gezielte Bestechungsversuche Entscheidungen des Nobelpreis-Komitees beeinflusst haben.
Lesenswert ist das Buch trotzdem. Es enthält 50 kurze und kurzweilige Geschichten, die belegen, dass eine Reihe von Preisträgern aus den unterschiedlichsten Gründen der Ehre nicht würdig war. Zwei Beispiele: Der dänische Pathologe Grib Fibiger wurde 1926 ausgezeichnet, weil er einen Krebs erregenden Parasiten entdeckt hatte – was sich später als Irrtum erwies. Der Chemiker Fritz Haber, 1919 für die geniale großtechnische Synthese von Ammoniak aus dessen Elementen geehrt, war maßgeblich am deutschen Giftgasprogramm während des Ersten Weltkriegs beteiligt. Zankl berichtet aber auch über Wissenschaftler aus Nazi-Deutschland oder der Sowjetunion, die durch die Auszeichnung in Lebensgefahr gerieten. Und er nennt auch solche, die unverständlicherweise leer ausgingen: zum Beispiel Lise Meitner, deren Leistung der des Preisträgers Otto Hahn ebenbürtig war; Mahatma Gandhi, der den Friedenspreis nie erhielt; Dominique Stehelin und Robert Weinberg, die 1989 bei der Vergabe des Medizin-Preises an Krebsgen- Forscher unberücksichtigt blieben.
Der Autor kombiniert biografische, wissenschaftliche und zeitgeschichtliche Informationen – entstanden ist ein lehrreiches Kaleidoskop. Frank Frick
Heinrich Zankl NOBELPREISE Wiley-VCH, Weinheim 2005 266 S., € 24,90 ISBN 3-527-31182-30