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Die Wissenschaft hinter positiven Affirmationen

Gesellschaft|Psychologie

Die Wissenschaft hinter positiven Affirmationen
Farbige Papierzettel an einer Wand
Positive Affirmationen helfen können helfen, das Selbstwertgefühl zu steigern. © ariya j, Adobe Stock

Viele Menschen suchen nach Wegen, ihr Leben positiv zu beeinflussen und ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Ein Ansatz, der diesbezüglich in den letzten Jahren an Popularität gewonnen hat, sind positive Affirmationen.

Diese kurzen, kraftvollen Aussagen sollen helfen, das Denken und Verhalten zu verändern, indem sie positive Überzeugungen verstärken und negative Denkmuster ersetzen. Sie sind ein fester Bestandteil vieler Selbsthilfeprogramme, Therapien und Coaching-Methoden. Häufig wird diese Methode in Workshops, Online-Kursen und Apps vermittelt und soll helfen, Selbstvertrauen zu stärken, Ängste zu reduzieren und persönliche Ziele zu erreichen.

Ursprung und Geschichte positiver Affirmationen

Positive Affirmationen sind keine moderne Erfindung, sondern haben tiefe historische und kulturelle Wurzeln. Schon in der Antike erkannten Philosophen und spirituelle Lehrer die Macht der Sprache und des positiven Denkens. In den Schriften vieler Religionen und philosophischen Traditionen finden sich Hinweise darauf, dass Worte und Gedanken das Leben eines Menschen erheblich beeinflussen können.

Ein markantes Beispiel ist die Praxis der “Mantras” im Hinduismus und Buddhismus. Mantras sind heilige Silben oder Sätze, die wiederholt rezitiert werden, um den Geist zu fokussieren und positive Energie zu manifestieren. Diese Tradition betont die transformative Kraft der Sprache und ihre Fähigkeit, das Bewusstsein zu verändern.

Im 20. Jahrhundert begann der französische Apotheker und Psychotherapeut Émile Coué, die Technik der Autosuggestion zu popularisieren. Coué entwickelte die Idee, dass das wiederholte Sprechen positiver Aussagen die geistige und körperliche Gesundheit verbessern kann. Sein berühmtester Satz, “Es geht mir mit jedem Tag in jeder Hinsicht immer besser und besser”, wurde zur Grundlage vieler moderner Affirmationstechniken.

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Wissenschaftliche Grundlagen

In der Psychologie und Neurowissenschaft wird untersucht, wie Worte und Gedanken die neuronalen Prozesse und das Verhalten beeinflussen können. Eine wichtige Verbindung besteht dabei zur kognitiven Verhaltenstherapie (KVT), die darauf abzielt, negative Denkmuster durch positive und konstruktive Gedanken zu ersetzen.

Ein zentraler Mechanismus, der hinter der Wirksamkeit positiver Affirmationen steht, ist die Plastizität des Gehirns. Das menschliche Gehirn besitzt die Fähigkeit, sich durch Erfahrungen und wiederholte Gedanken neu zu strukturieren. Dieser Prozess wird als Neuroplastizität bezeichnet. Wenn positive Affirmationen regelmäßig wiederholt werden, können sie neuronale Verbindungen stärken, die mit positiven Gedanken und Emotionen verknüpft sind.

Studien haben gezeigt, dass positive Selbstbekräftigung die Aktivität im präfrontalen Kortex erhöhen kann, einem Bereich des Gehirns, der für die Selbstwahrnehmung und die Regulierung von Emotionen zuständig ist. Eine Studie der Universität von Kalifornien, Los Angeles, fand heraus, dass Selbstbekräftigung die Reaktion auf Bedrohungen und negative Informationen mindern kann. Teilnehmer, die positive Aussagen über sich selbst machten, zeigten weniger Stressreaktionen und eine erhöhte Resilienz gegenüber negativen Ereignissen.

Ein weiteres interessantes Konzept ist das sogenannte “Self-Affirmation Theory” (Theorie der Selbstbekräftigung; PDF-Doc). Diese Theorie, entwickelt von den Psychologen Claude Steele und Timothy Wilson, besagt, dass Menschen ein grundlegendes Bedürfnis haben, sich selbst als kompetent und wertvoll zu sehen. Positive Affirmationen können helfen, dieses Bedürfnis zu erfüllen und somit das Selbstwertgefühl zu stärken.

Junge Frau küsst ihr Spiegelbild
© WavebreakmediaMicro, Adobe Stock

Studien und Forschungsergebnisse

Eine Studie von Forschern der Universität Waterloo in Kanada untersuchte, wie positive Affirmationen das Selbstwertgefühl beeinflussen. Die Teilnehmer, die häufig mit geringem Selbstwertgefühl zu kämpfen hatten, wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe sollte positive Aussagen über sich selbst wiederholen, während die Kontrollgruppe dies nicht tat. Die Ergebnisse zeigten, dass Teilnehmer mit bereits hohem Selbstwertgefühl von den Affirmationen profitierten und sich danach besser fühlten. Interessanterweise hatten die Affirmationen jedoch bei Teilnehmern mit sehr niedrigem Selbstwertgefühl den gegenteiligen Effekt und verstärkten negative Gefühle.

Eine andere Studie, durchgeführt von Forschern der Carnegie Mellon University, untersuchte, wie positive Affirmationen auf die Stressbewältigung wirken. In einem Experiment sollten die Teilnehmer eine stressige Aufgabe erledigen, nachdem sie entweder positive Selbstbekräftigungen gemacht hatten oder nicht. Die Ergebnisse zeigten, dass diejenigen, die positive Affirmationen verwendet hatten, niedrigere Stresswerte und eine geringere Ausschüttung des Stresshormons Cortisol aufwiesen. Dies deutet darauf hin, dass positive Affirmationen helfen können, die physiologischen Stressreaktionen zu mindern.

Neben positiven Affirmationen gibt es noch weitere Methoden, die dabei helfen, sich zu motivieren. Insbesondere in Stresssituationen wie beispielsweise während des Studiums kann das hilfreich sein, um das Tief zu überwinden und neue Energie zu tanken.

Psychologische Perspektiven

Die Wirkung positiver Affirmationen lässt sich aus verschiedenen psychologischen Blickwinkeln betrachten.

Das Unterbewusstsein beeinflusst viele unserer Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen. Positive Affirmationen zielen darauf ab, das Unterbewusstsein durch wiederholte positive Aussagen zu beeinflussen. Diese Wiederholungen können helfen, negative Denkmuster zu überschreiben und positive Gedanken zu festigen. Der Prozess ähnelt dem Prinzip der Autosuggestion, bei dem die wiederholte Selbstbeeinflussung zu einer veränderten Wahrnehmung und Verhaltensänderung führt.

Ein Schlüsselkonzept hierbei ist die Idee der “kognitiven Dissonanz“. Wenn das Unterbewusstsein wiederholt positive Aussagen hört, die im Widerspruch zu bestehenden negativen Überzeugungen stehen, kann dies eine innere Spannung erzeugen. Um diese Dissonanz zu reduzieren, beginnt das Gehirn, die neuen positiven Aussagen als wahrer zu akzeptieren, was langfristig zu einer Veränderung der Selbstwahrnehmung führen kann.

Die Wirksamkeit positiver Affirmationen hängt stark davon ab, wie glaubwürdig und authentisch sie für die Person erscheinen, die sie anwendet. Wenn Affirmationen als zu weit entfernt von der eigenen Realität empfunden werden, können sie kontraproduktiv sein. Ein Beispiel hierfür wäre eine Person mit extrem niedrigem Selbstwertgefühl, die sich wiederholt sagt, dass sie erfolgreich und selbstbewusst ist. Wenn diese Aussage als unglaubwürdig wahrgenommen wird, kann dies negative Emotionen verstärken.

Daher ist es wichtig, dass Affirmationen realistisch und erreichbar formuliert werden. Sie sollten an die individuellen Bedürfnisse und Ziele angepasst werden, um ihre Glaubwürdigkeit und damit ihre Wirksamkeit zu erhöhen. Eine Methode zur Steigerung der Glaubwürdigkeit von Affirmationen besteht darin, sie schrittweise zu steigern. Anstatt sofort zu sagen “Ich bin erfolgreich”, könnte eine realistischere und glaubwürdigere Affirmation lauten “Ich mache Fortschritte und lerne jeden Tag dazu”.

Positive Affirmationen können auch die Selbstwahrnehmung und Identität einer Person beeinflussen. Sie fördern eine positive Selbstsicht und stärken das Selbstwertgefühl. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die regelmäßig positive Affirmationen verwenden, eine stärkere Selbstidentität entwickeln und sich besser in der Lage fühlen, Herausforderungen zu meistern.

Ein wichtiger Aspekt ist dabei die “Selbstkonzept-Theorie”, die besagt, dass das Selbstkonzept einer Person – also das Bild, das sie von sich selbst hat – stark ihre Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen beeinflusst. Positive Affirmationen können dazu beitragen, das Selbstkonzept zu verbessern, indem sie positive Selbstbilder und Überzeugungen stärken.

Frau zeigt mit ausgestrecktem rechten Arm auf ihr Spiegelbild
© hitdelight, Adobe Stock

Kritische Betrachtung

Obwohl positive Affirmationen in der Selbsthilfe- und Persönlichkeitsentwicklungsbranche weit verbreitet sind, gibt es auch kritische Stimmen und wissenschaftliche Skepsis hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und möglichen negativen Auswirkungen.

Ein häufiges Argument gegen positive Affirmationen ist, dass ihre Effekte oft übertrieben dargestellt werden. Viele Selbsthilfe-Gurus und Coaches versprechen spektakuläre Veränderungen durch einfache Affirmationen, was bei einigen Menschen unrealistische Erwartungen wecken kann. Diese Übertreibungen können dazu führen, dass Menschen enttäuscht sind, wenn die gewünschten Ergebnisse ausbleiben, und das Vertrauen in solche Techniken verlieren.

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die Effekte positiver Affirmationen oft kurzfristig und kontextabhängig sind. Während einige Studien positive Ergebnisse hinsichtlich der Stressbewältigung und des Selbstwertgefühls zeigen, sind die langfristigen Effekte weniger klar. Es gibt Hinweise darauf, dass Affirmationen allein nicht ausreichen, um tiefgreifende und nachhaltige Veränderungen herbeizuführen, insbesondere bei Menschen mit tief verwurzelten negativen Überzeugungen und Selbstbildern.

Obwohl es einige Studien gibt, die positive Effekte von Affirmationen belegen, ist die wissenschaftliche Evidenz insgesamt noch begrenzt und teilweise inkonsistent. Viele Studien basieren auf kleinen Stichproben und kurzen Beobachtungszeiträumen, was die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse einschränkt. Zudem gibt es nur wenige Langzeitstudien, die die Nachhaltigkeit der Effekte positiver Affirmationen untersuchen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass positive Affirmationen zwar das Potenzial haben, das Wohlbefinden zu fördern und die Selbstwahrnehmung zu verbessern, ihre Anwendung jedoch mit Vorsicht und Realismus erfolgen sollte. Es ist wichtig, die individuellen Unterschiede und spezifischen Umstände der Menschen zu berücksichtigen und Affirmationen als ergänzendes Werkzeug in einem umfassenderen Ansatz zur persönlichen Entwicklung und psychischen Gesundheit zu sehen.

06.08.2024

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