Erbgut aus den Haaren eines Aborigines hat nun die tiefen Wurzeln der Stammesgeschichte der australischen Ureinwohner offenbart: Sie sind Nachfahren der ersten modernen Menschen, die sich vor etwa 70.000 Jahren von Afrika aus aufmachten, die Welt zu erobern. Die Vorfahren der Europäer und Asiaten entstammen dagegen einer späteren Besiedlungswelle, wie die Erbgut-Vergleiche zeigten. Damit bestätigen die Forscher um Eske Willerslev von der Universität Kopenhagen die Vermutung, dass sich die Menschheit nicht im Rahmen von einer, sondern mehrerer Wanderungswellen in Richtung Ostasien ausgebreitet hat.
Aus einem Haarbüschel eines australischen Ureinwohners, der Anfang des 20. Jahrhunderts gelebt hat, konnten die Forscher das Erbgut eines ursprünglichen Aborigines gewinnen. Der Abgleich mit der DNA anderer Völker zeigte, dass der junge Mann keinerlei europäisches Erbgut in sich trug, und sich deshalb für die Erforschung der menschlichen Stammesgeschichte eignete.
Der Vergleich seiner DNA mit der von fast 80 Asiaten und Europäern offenbarte nun die genetische Besonderheit der Aborigines. Den Wissenschaftlern zufolge wurde deutlich, dass die Vorfahren der Aborigines Asien bereits in Richtung Australien verlassen hatten, bevor sich die Ahnen der heutigen Asiaten und Europäer ausbreiteten. Die Vorfahren der Aborigines erreichten dann den südlichen Kontinent vermutlich vor etwa 50.000 Jahren, was archäologische Funde bereits nahelegten. Die nachfolgende Besiedlungswelle Europas und Asiens fand dann nach Einschätzung der Forscher vor etwa 24.000 bis 38.000 Jahren statt.
?Während die Ahnen der Europäer und Asiaten noch irgendwo in Afrika oder im Mittleren Osten herumsaßen, verbreiteten sich die Ahnen der Aborigines schnell. Sie waren damit die ersten modernen Menschen, die sich ins unbekannte Asien wagten und schließlich den Ozean in Richtung Australien überquerten ? eine Reise, die sicher clevere Überlebensstrategien und Mut erforderte?, resümiert Eske Willerslev.
Morten Rasmussen (Natural History Museum of Denmark, Kopenhagen) et al.: Science, doi: 10.1126/science.1211177 wissenschaft.de ? Marion Martin