Bereits vor 44.000 Jahren entstand im südlichen Afrika die erste hochentwickelte Jäger- und Sammlerkultur, die in ihren Grundzügen bis heute bei den Buschleuten des Volkes der San fortbesteht. Das berichten internationale Forscher, die Funde von Schmuckperlen, Werkzeugen und Waffen aus einer südafrikanischen Höhle untersucht haben. Bisher hatte man angenommen, die San-Kultur habe sich erst vor etwa 20.000 Jahren entwickelt. Die Forscher um Francesco d’Errico von der Universität Bordeaux sehen in den Artefakten die Zeugnisse der ersten modernen Jäger- und Sammlerkultur der Menschheit.
Die Funde stammen aus der sogenannten Border Cave, an der Grenze Südafrikas zu Swasiland. Den Archäologen zufolge entsprechen sie Gegenständen, wie sie traditionell lebende San auch heute noch verwenden: steinbeschwerte Grabstöcke zum Sammeln von Wurzeln, eingekerbte Knochen, kleine Schmuckperlen aus Straußeneierschalen zum Auffädeln und charakteristische Waffen., darunter vergiftete Pfeilspitzen und Bienenwachs, das vermutlich benutzt wurde, um Stein- oder Knochen-Klingen an einem Stock zu befestigen.
Die Datierungen mit der Radiokarbon-Methode ergaben für einige der Artefakte ein Alter von bis zu 42.000 Jahren. Deshalb vermuten die Wissenschaftler, dass sich diese Kulturform ab einer Zeit vor etwa 44.000 Jahren entwickelt hat. ?Unsere Forschung zeigt, dass das Zeitalter des Jungpaläolithikums in Südafrika viel früher anbrach als bislang angenommen – etwa zur gleichen Zeit wie die Ankunft der modernen Menschen in Europa?, sagt Co-Autorin Paola Villa von der Universität Bordeaux.
Heute zählt das Volk der San noch rund 100.000 Mitglieder, die verstreut in den Staaten Botswana, Namibia, Südafrika, Angola, Sambia und Simbabwe leben. Nur wenige dieser zierlich gebauten Menschen haben dem Druck der modernen Lebensweise standgehalten und sind der traditionellen Lebensweise treu geblieben. Frühere Studien hatten bereits Hinweise auf die Verbindung der San zu den frühesten menschlichen Vorfahren gegeben. Darauf deuten die hohe genetische Variation ihres Erbguts hin und die archaischen Eigenschaften ihrer charakteristischen Klicksprache.
Francesco d’Errico (Universität Bordeaux) et al.: PNAS, Doi:10.1073/pnas.1204213109 © wissenschaft.de ?
Martin Vieweg